30.10.11

Jan Zweyer: Persilschein

Lesenswerte, spannende Krimi-Unterhaltung vor einem gut recherchierten historischen Hintergrund. Eine Ruhrgebietsgeschichte voller Ruhrgebietsgeschichte.

Herne, Ruhrgebiet; 1950. Der Krieg ist seit fünf Jahren zu Ende, Deutschland beginnt mit dem Wiederaufbau, und dazu gehört auch die sogenannte "Entnazifizierung", bei der Ausschüsse der Alliierten darüber entscheiden, wer zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft Mitläufer war, wer wenig belastet und wer schwer belastet ist.
Soweit die Theorie. In der Praxis ist das alles relativ -  wie  Kommissar Peter Goldstein aus Herne am Rande seiner Ermittlungen in einem Mordfall mitbekommt. Mit den richtigen Verbindungen und in teilweise zynisch anmutenden Kooperationen kann man es ganz einfach schaffen, als "unbelastet" eingestuft zu werden - also den so genannten "Persilschein" bekommen. Man braucht einfach eine oder besser noch zwei Zeugenaussagen oder Bestätigungen, dass man diesem oder jenem während der Nazizeit geholfen habe, oder dass man schon während des Dritten Reiches eine kritische Einstellung zum Staat gehabt habe. Solche Bestätigungen sind leicht zu haben - ehemalige Häftlinge, die wegen krimineller Vergehen im KZ waren, mutieren da schnell zu "politischen Gefangenen", die einem anderen gern bescheinigen, dass er eigentlich ein Widerstandskämpfer war.

Peter Goldstein hat einen Mordfall zu bearbeiten - einem Mann ist mitten in Bochum nachts der Hals durchgeschnitten worden. Bei den ersten Ermittlungen kommt heraus, dass der Tote ein Doppelleben geführt hat, mit zwei Wohnungen und zwei Identitäen - was hat er zu verbergen gehabt?
Was Goldstein nicht weiß, aber immer wieder bei seinen Ermittlungen zu spüren bekommt: hinter sienem Rücken arbeitet sein Chef, Kriminalrat Saborski, gegen ihn denn Saborski will genau wie manch anderer verbergen, in welche Machenschaften und Geschäfte er während der Naziherrschaft verstrickt war.
Eine Zeit, an die auch Peter Goldstein sich nicht gern erinnert, denn er ist selbst Mitläufer und Mittäter im System gewesen wie wir in "Goldfasan" dem vorhergehenden Roman erfahren haben. Mit "Persilschein" schließt Jan Zweyer seine Goldstein-Trilogie ab, die mit "Franzosenliebchen" begann, einer Geschichte, die zur Zeit der französischen Bestezung des Ruhrgebietes spielte.

Lesenswerte, spannende Krimi-Unterhaltung vor einem gut recherchierten historischen Hintergrund. Eine Ruhrgebietsgeschichte voller Ruhrgebietsgeschichte.
Reinhard Jahn




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