28.11.20

Krimi der Woche

Mörderische Nachtschicht

Von Ralph Petersen

Steffen Steiner hatte zuletzt im Kelly-Club gepokert und war um 22.30 Uhr mit 1000 Euro Gewinn gegangen. Um 23 Uhr fand ihn eine Polizeistreife auf dem Parkplatz hinter dem Club – erschlagen und beraubt. Hauptkommissar Benedikt von der Kriminalwache sah sich die Habseligkeiten des Toten an. Die Brieftasche mit dem Pokergewinn fehlte, aber am Handgelenk trug Steiner eine teure Uhr. In seinem Handy fand der Kommissar dann die Kontaktdaten von Steiners einzigem Angehörigen – seinem Bruder Bernie. Dem gehörte eine Tankstelle im Industriegebiet. Es war gegen acht am Morgen, als Kommissar Benedikt dort auftauchte. Bernie beendete gerade seine Nachtschicht und übergab den Dienst an seinen Tankwart von der Tagschicht.
   »Ihr Bruder wurde erschlagen, es war vermutlich ein Raubmord«, sagte Benedikt. »Seine Brieftasche war verschwunden.«
   »Hatte er wieder gepokert?«, fragte Bernie kurz angebunden. »Im Kelly-Club?«
   »Ja, er kam gerade von einer Pokerpartie, als er seinem Mörder begegnete«, sagte Benedikt. »Woher wusste Sie das?«
   »Steffen hat regelmäßig dienstags im Kelly-Club gespielt.« Bernie wirkte jetzt doch etwas mitgenommen. »Sie sagten, er wurde ermordet? Aber ... warum denn? Wer hat denn etwas gegen ihn gehabt?«
   »Sie zum Beispiel«, sagte Benedikt trocken. »Der Barkeeper des Kelly-Clubs erinnert sich, dass Sie letzte Woche Dienstag eine lautstarke Auseinandersetzung mit Ihrem Bruder hatten wegen seiner Spielsucht.«
   »Das war eine Familiensache«, wiegelte Bernie ab. »Er war dabei, das gemeinsame Erbe unseres Vaters durchzubringen!«
   »Haben Sie ihm gestern dann hinter dem Kelly-Club aufgelauert?«, fragte Benedikt.
   »Unsinn, als er getötet wurde, war ich hier in der Tankstelle«, sagte Bernie. »Meine Nachtschicht geht von 21 Uhr bis acht Uhr morgens. Zwischen halb elf und elf habe ich hier im Shop Waren eingeräumt.«
   »Haben Sie nicht!«, sagte Kommissar Benedikt und nahm Bernie Steiner fest. Der Tankstellenbesitzer wirkte überrumpelt. »Aber ...«
   »Sie wussten eben, dass Ihr Bruder zwischen 22.30 und 23 Uhr ermordet wurde«, sagte der Kommissar. »Eine sehr präzise Angabe zur Tatzeit – nur dass ich das vorher gar nicht erwähnt hatte. Sie wussten also ganz eindeutig zu viel über den Mord an Ihrem Bruder.«
 

 


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Mord nach Rezept - Band 22 
Abgerechnet wird am Schluss:
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Es geht um Mord - um scheinbar perfekt ausgetüftelte Morde, um spontane Taten, um tödliche Verbrechen. Von den Nordseeinseln bis zu dem bayerischen Alpen. Es geht um Kommissare, die die richtigen Fragen stellen, um dem Täter am Ende auf die Spur zu kommen - die aber auch manchmal arg danebenliegen. Aber nicht für lange.
Außerdem geht es auch noch um Betrug, Überfall und Raub, um Liebe, Leidenschaft, Gier und Eifersucht. Und für alle Fälle gilt: Abgerechnet wird zum Schluss.

 

 


 
Ralph Petersen:
Mörderische Nachtschicht
Badische neueste Nachrichten
44/2020 28.11.2020
© by author / Reinhard Jahn

20.11.20

Helden-Liste

Die 12 bekanntesten Krimi-Helden 


1.
"Sherlock Holmes" (erfunden von Arthur Conan Doyle) ist der erste und klassischste Detektiv: ein besessener Ermittler, der es versteht, alle Indizien richtig zu deuten.

2.
"Hercule Poirot" (erfunden von
Agatha Christie) stammt aus Belgien und verlässt sich auf seine kleinen grauen Zellen.

3.
"Philip Marlowe" (erfunden von Raymond Chandler) arbeitet als Privatdetektiv in Los Angeles. Sein Auftreten revolutionierte die Kriminalliteratur.

3.
"Wachtmeister Studer" (erfunden von Friedrich Glauser) ermittelt in der Schweiz der 20er Jahre. Er gilt als Urvater der deutschsprachigen Kriminalliteratur

5.
"Jules Maigret" (erfunden von Georges Simenon) ist der menschliche, aber dennoch unnachsichtige Kommissar aus Paris, der in mehr als 70 Romanen auftritt.

6.
"James Bond" (Erfunden von Ian Fleming) ist der Agent mit der Codenummer 007 im Geheimdienst Ihrer Majestät. Sein Schöpfer Ian Fleming arbeitete zeitweise selbst als Spion.

7.
"Lord Peter Wimsey" (erfunden von Dorothy L. Sayers) stammt aus dem britischen Adel und ermittelt in der englischen Oberklasse der 20er Jahre


8.
"Detective Steve Carella" (erfunden von Ed McBain) und seine Kollegen vom 87. Polizeirevier demonstrierten realistischen Polizeialltag in einer amerikanischen Stadt.

9.
"Bella Block" (erfunden von Doris Gercke) ermittelt in den Romanen der Autorin als Privatdetektivin, während sie in den Fernsehfilmen als Kommissarin arbeitet.

10.
"Siggi Baumeister" (erfunden von Jacques Berndorf) machte in mehr als einem Dutzend EifelKrimis die Region zum Krimi-Kult.

11.
"Father Brown" (erfunden von G.K. Chesterton) ist ein schrafsinniger Priester, der seine Fälle mit theologishcem und menchlichem Einführungsvermägen löst.

12.
"Miss Jane Marple" (erfunden von Agatha Christie) ist eine scheinbar nette ältere Dame aus dem Dorf St Mary Meade, die sich als scharfsinnige Detektivin betätigt.




Ratekrimis von H.P. Karr:
Vicky Kant ermittelt
33 Ratekrimis

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Rätsel-Kommissarin Vicky Kant ermittelt. Wer hat den reichen Unternehmer ins einem Büro überfallen? Wer stahl die wertvolle Skulptur aus der Galerie? Wer kopierte die geheimen Unterlagen in der Forschungsabteilung eines Konzerns?

Alles ganz klar Fälle für Kommissarin Vicky Kant - Heldin der Rätselkrimis von H.P. Karr. Insgesamt 33 Mal geht die clevere Kommissarin entweder allein oder mit ihren Kollegen auf die Jagd nach Mördern, Dieben und Betrügern.Und die Leser können gemeinsam mit Vicky Kant ermitteln - und dem Täter mit ihr auf die Spur kommen. Ist es ein falsches Alibi, das den Täter überführt? Oder hat er ein belastendes Indiz am Tatort vergessen?
Krimirätsel in denen die Leser gemeinsam mit ihrem Helden dem Täter auf die Spur kommen können, sind eine Spezialität von H.P. Karr. Der Autor hat mittlerweile neben Romanen und Hörspielen mehr als 1000 solcher Ratestories geschrieben.


 

12.11.20

Story der Woche: Stehenbleiben

H.P. Karr

Stehenbleiben

Nicht bewegen. Ganz ruhig liegenbleiben. Man weiß ja nie, nicht wahr? Da kann einiges kaputtsein, ohne dass man es merkt, wenn man so liegt. Aber dann - eine Bewegung - und zack! Schädelbasisbruch. Schrecklich, sowas.

Sei'n Sie froh, dass ich Sie hier gefunden hab. Ist ja kaum einer unterwegs, um diese Zeit. Was machen Sie da eigentlich noch draußen? Sein Sie bloß froh. Ich bin stehengeblieben. Andere wären weitergegangen. Aber ich bleib immer stehen. Ich bin einer von denen, die immer stehenbleiben.

Egal, was da ist, ich bleib immer stehen. Man muß ja wissen, was so passiert ist, nicht wahr? Erstmal gucken. Ob da Blut ist oder nur ein Blechschaden, oder wieviele da auf der Straße liegen. So wie Sie, ja. Ganz ruhig, nicht bewegen. Immer dran denken - Schädelbasisbruch und so weiter, ja? Das kann ganz schnell gehen - nur eine Bewegung... und zack.

Wie Sie da liegen, in dem ganzen Blut! Wo kommt das her? Alles aus dem Hinterkopf? Sieht ja böse aus. Geht das bis auf den Knochen?

Die Nummer von dem Wagen haben Sie nicht gesehen, oder? Der hat Sie ja voll mitgenommen. Und einfach weitergerast. Aber so, wie Sie da an der Ecke gestanden haben - der musste Sie einfach mitnehmen. Sie müssen da besser aufpassen! Die Lewute nehmen ja heutzutage überhaupt keine Rücksicht mehr.

Nicht bewegen. Das kann ganz schnell gehen.... Nur ein e Bewegung - und: zack!

Ein Krankenwagen wär jetzt ganz gut, oder? Irgend jemand müsste mal anrufen. Aber so sind die Leute - da macht keiner einen Finger krumm.
He? Was ist? Sind Sie tot? Ich weiß nicht, wie das ist… Ich hab noch keinen richtigen Toten gesehn. He… am besten Sie bleiben liegen. Und machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin ja bei Ihnen.

ENDE

Das Krimi-Überfallkommando
(Foto: Stephan von Knobloch)
H.P. Karr: Stehenbleiben
Aus dem Programm des Krimi-Überfallkommandos, 2019
© by author / Reinhard Jahn
Weiterverbreitung nur mit Genehmigung


Krimi der Woche: Moosrosenkavalier

Der Moosrosenkavalier

von Karr & Wehner

Sie waren schon alle da, als Gonzo in Altendorf ankam: Streifenwagen, die Spurensicherung, der Kriminaldauerdienst und der Leichenwagen. Vorm Haus tuschelten die Nachbarn.
   Der Blumenhändler, vor dessen Laden Gonzo den Kombi in eine Parklücke quetschte, schleppte die Dahlien aus dem Saisonangebot aus der Straßenauslage in den Laden zurück. Als Gonzo die Videokamera von der Ladefläche holte, plierte der Händler auf die Aufkleber auf den Seiten. »Gonschorek Videoproduktion - TV und Werbung - sind Sie das?«
   Gonzo checkte die Kamera und und behielt den Hauseingang im Auge.«Sind sie schon mit dem Sarg raus?«
   Der Blumenhändler kratzte sich am Kopf. »Moosröschen«, sagte er. »Vor drei Stunden hat er sich noch Moosröschen geholt. 17 Stück. Hochzeitstag, hat er gesagt, 17 Jahre.« Er nahm die letzten Arm voll Dahlien aus dem Eimer. »Er hat immer Moosröschen genommen.«
   »Klar«, sagte Gonzo. »Ist der Sarg schon raus?«
   Der Händler schüttelte den Kopf. »Seine Frau war eine ganz liebe«, sagte er. »Jede andere hätte ihn schon längst auf die Straße gesetzt. Dauernd diese Techtelmechtel. Zuletzt mit der Angelika aus der Lottoannahmestelle. Immer Moosröschen. Zwei Wochen lang jeden Tag, bis er sie rumhatte. Und vorher die Kindergärtnerin, achtzehn Tage. Oder die Blonde vom Friseur, nur drei Tage. Und immer Moosröschen.«
   »Alles klar«, sagte Gonzo und drängelte sich mit der Kamera auf der Schulter durch die Gaffer. Hoffmeister von der Nordwache stand am Eingang und nickte Gonzo nur kurz zu, als er sich ins Treppenhaus schob. Es war die Parterrewohnung. Im Treppenhaus warteten die Bestatter mit dem Sarg, die Wohnungstür stand auf. Kommissar Behrendt stand in der Diele, die Hände in den Jackentaschen.
   »Mach schnell«, sagte er zu Gonzo. »Du gibst ja sowieso nicht eher Ruhe, bis du deine Bilder hast.«
   Gonzo setzte die Kamera an. Auf dem Küchenboden Stücke von Tellern, mit Soße verschmiert, Rouladen, Kartoffeln. Aus dem Wohnzimmer kamen Stimmen. Jemand weinte. Gonzo schwenkte den Toten vor dem Küchenschrank ab, Brust und Bauch von Stichen zerfetzt, und das blutige Filettiermesser auf dem Boden.
   »Siebzehn Stiche«, sagte Behrendt. Jemand hatte dem Toten die Hände auf der Brust gefaltet, der Moosröschenstrauß klemmte zwischen den Fingern.Gonzo setzte die Kamera ab. Im Wohnzimmer weinte eine Frau.
   »Sie?«, fragte Gonzo.
   Behrendt nickte. »Hat uns selber angerufen.«
   »Motiv?«, fragte Gonzo, mehr der Form halber.
   »Noch offen«, sagte der Kommissar.
   Die Leichenträger nahmen dem Toten die Moosröschen aus der Hand, ehe sie ihn in den Blechsarg legten.
   

Karr & Wehner sind als Autorenteam mit ihren »Gonzo«-Krimis bekannt geworden. Obwohl sie nicht immer die schönsten Seiten des Reviers zeigen, erhielten sie 2000 den »Literaturpreis Ruhrgebiet«. Außerdem wurden sie zweimal mit dem Friedrich Glauser-Preis ausgezeichnet.

Der Moosrosenkavalier
Erstveröffentlichung in :
Karr & Wehner: Hühnerherbst
Zürich: Haffmans, 1997
© by Autoren / Reinhard Jahn
Weiterverbreitung nur mit Genehmigung