29.11.11

Greg Rucka:
Dschihad



London, 7. August, 15.17 uhr. Drei Männer besteigen unterschiedliche U-Bahn-Züge und warten, bis die Bahnen sich im voller Fahrt im Tunnel befinden. Sie öffnen ihre Rücksacke, holen ihre Waffen heraus und töten Fahrgäste, bevor sie die Benzin vergießen und die U-Bahn anzünden. Ein Attentat islamistischer Terroristen. Der SIS (Secret Intellicence Service) bekommt den Auftrag, Vergeltung üben, gleiches mit gleichem zu vergelten und den Führer der verantwortlichen Terrorgruppe auszuschalten. Ein Auftrag für Tara Chace, Top-Agentinn der Operationsabteilung.
Sie gerät durch das Attentat, das sie ausführt allerdings zwischen die Fronten von CIA, SIS, dem Mossad und der saudi-arabischen Politik.
Das ist alles brillant knapp und sachkundig erzählt, glaubwürdig gestaltet. Die Widergebuert des Spionagethrillers in der Nachfolge von John LeCarré und Frederick Forsyth.
Greg Rucka:
Dschihad
dtv

28.11.11

William Boyd.
Ruhelos

Kennen Sie Ihre Mutter wirklich? Wissen Sie, was Sie früher getan hat? Sagen wir in den 40er-/50er-Jahren? Ruth Gilmartin, Englisch-Lehrerin in Oxford, fällt fast aus allen Wolken, als ihre Mutter Sally ihr nahebringt, dass sie eigentlich

Eva Delektorskaja heißt und noch vor Beginn des II Weltkrieges als Spionin für den britischen Geheimdienst - nein: eigentlich für einen Mann, den charmanten etwas geheimnisvollen Romer gerabeitet hat. Stück für Stück, Tagebuch für Tagebuch, lernt Ruth eine Frau kennen, die sogar nichts mit ihrer Mutter zu tun zu haben scheint: eine wache, ein wenig sentimentale aus einer polnischen Familie stammende Französin, die über Jahre hinweg Weltgeschichte hautnah erlebt - und dabei manchmal auch ihr persönliches Glück opfert.

Ein brillanter Roman, der seine Hauptfigur passgenau in geschichtliche Ereignisse einflicht: Eva ist in Belgien, in den Niederlanden tätig, als Hitler-Deutschland die beiden Länder überfällt. Ein Spionageroman, der auch zeigt, das Spionage längst nicht nur das reine Abenter ist, sondern auch: Propaganda, Desinformation, subtile Manipulation.

William Boyd
Ruhelos
Berlin Verlag

27.11.11

Steven Sidor:
Skin River



Gunnar - ein Städtchen irgendwo in Wisconsin. Buddy Bayes, 52, hat hier eine Kneipe, die Black Chimney Tavern. Sozusagen der einzige coole Platz inmitten der Wälder, der kleinen Orte und der Seen hier. Vor allem: ruhig. Fremde kommen hier selten vorbei.
Das ist ganz im Sinne von Buddy Bayes.
Dann verschwindet ein junges Mädchen - und wird kurz darauf ermordet aufgefunden: ein Opfer des ZIEGENHÄUTERS, wie wir Leser schnell erfahren, eines Killers, der offenbar unter den Menschen des kleinen Ortes lebt, in dem Buddy Bayes sesshaft geworden ist.
Für Buddy fangen die Probleme damit erst richtig an - die probleme mit sich und seiner vergangenheit. Denn er ist ein Gangster, der in Chicago einige Raubüberfälle begangen hat und der sich hierher zurückgezogen hat, um seine Ruhe zu habne. Doch hier ist er jetzt der FREMDE, also derjenige, dem der Sheriffund die die Anwohner am ehesten den grauenhaften Mord an dem Mädchen zutrauen.
Dichte Atmosphäre, ein sehr interessanter, glaubwürdiger Held mit Ecken und Kanten. Zusammen mit einer perfekt inszenierten Jagd nach dem Killer ergibt das: ein bemerkenswertes Debüt und allerbeste Krimunterhaltung.

Steven Sidor
Skin River
Droemer Knaur

26.11.11

Rainer Gross:
Grafeneck

Auf der Schwäbischem Alb. Die Orte hier heißen Hundersingen oder Buttenhausen oder Lautlingen. Ein Ostertag, morgens. Hermann Mauser - er ist Lehrer, und man nennt ihn einen "Sonderling" - klettert in ein der zahlreichen Höhlen. Erforscht sie. Kriecht durch enge Gänge, kriecht weiter bis in eine Lehmkammer. Dort findet er den Toten. Einne Mann. Mumifiziert. Mit einem Loch, dort wo das linke Auge sein sollte. Eine Schusswunde.
Und auf dem Rücken ein Kreidekreuz: Das Zeichen, mit dem im 3. Reich hier Behinderte gekennzeichnet wurden, ehe sie in die Anstalt Grafeneck abtransportiert wurden.
Mauser meldet seinen Fund natürlich der Polizei. Zögerlich, weil er das Gefühl hat, dass der Tote etwas mit seinem vater zu tun hat, mit dessen Tätigkeit zur zeit der Hitler-Diktatur. Bei der Polizei bekommt er es ausgerechnet mit einem Kommissar zu tun, der unter Klaustrophobie leidet - und er nimtm sich vor, das Geheimnis des Toten in der Höhle selbst zu lösen.
Ein Heimatkrimi, der Menschen und Landschaft der Schwäbischen Alb beschreibt, mit einer sehr deutschen, also sehr düsteren Kriminalgeschichte.
Rainer Gross
Grafeneck
Pendragon Taschenbuch

25.11.11

Jean Lemieux:
Das Gesetz der Insel


Oktober auf den Madeleine-Inseln - die Tochter des Bürgermeisters - Rosalie Richard - ist verschwunden. Oder besser: letzte Nacht nicht nach Hause gekommen. Sergeant-Detective Andre Suprenant findet ihre Spur schnell - mit Freunden in einer Kneipe, spät nachts dann plötzlich aufgestanden, hinausgegangen, nie wieder aufgetaucht. Was ist mit ihr passiert?
Rosalie ist einem Mörder in die Hände gefallen - das wird klar, als ihre Leiche gefunden wird. Misshandelt, verziert mit Muscheln, Strandschnecken, Wellhornschnecken, die der Mörder uaf ihrem nackten Körper drapiert hat. Damit hat Sergent-Detective Suprenant den ersten Mordfall seiner Berufslaufbahn zu lösen: auf den Magdaleneninseln vor der Ostküste Kanadas (auch Ilse de la Madeleine), besiedelt von rund 13000 Menschen, von denen 400 von Schiffbrüchigen abstammen.

Autor Jean Lemieux wurde 1954 in Iberville (Quebec/Kanada)geboren und ist Allgemeinarzt und Schriftsteller. Zwischen 1980 und 1982 war er auf den Iles-de-la-Madeleine als Arzt tätig. Nachdem er 1983 durch die Welt gereist ist, ist er 1984 auf die Inseln zurückgekehrt, wo er bis 1994 geschrieben und gelebt hat.
Jean Lemieux
Das Gesetz der Insel
Knaur

23.11.11



Schauplatz Frankfurt. Ein Feuer in einem Wohnhaus - aber kein gewöhnlicher Wohnungsbrand. Die Wohnung der Star-Anwältin Ellen Rupp ist nur noch ein Trümmerfeld. Die Juristin, die sich in der Kommunalpolitik für eine Law-and-Order-Initiative engagierte, ist samt eines unbekannten jungen Mannes vollkommen verbrannt - allem Anschein nach haben sie und das zweite Opfer  sich nicht gerührt, als sich die tödlichen Falmmen näherten.
Natürlich nicht - die Obduktion ergibt, dass sie betäubt worden waren, ehe jemand die Wohnung anzündete.
Ein Fall für eine Sonderkommission, und hier besonders für die beiden Kommissare Niklas und Potofski. Die sind kein Friede-Freude-Eierkuchen-TATORT-Team, sondern werden für die SoKo zusammengesteckt, müssen sich kennenlernen, sind oft zerstritten, sich einander fremd.

Kaum haben die beiden den bürgerlich-radikalen Hintergrund der toten Anwältin abgeklärt, da brennt es wieder in Frankfurt - Herr Brecht, ein scheinbar harmloser Versicherungsvertreter ist das Opfer. Was steckt hinter den Anschlägen? Die bürgerlichen Investoren in einen Wohnblock, die es darauf abgesehen, die A-Mieter (Arbeitslos, Alkoholiker, Asozial) dort herauszubekommen, um aufwändig zu sanieren? Oder liegt das Motiv für beide Morde im privaten Umfeld der titen Anäwltin und ihrer Kanzleipartnerin Anna Westheim?

Astrid Paprotta:
Feuertod
Piper






21.11.11

Peter Saxon: Ewige Schreie

Es handelt sich um
"The Torturer" von Peter Saxon, hinter dem laut fantasticfiction ein Brite namens Martin Thomas stecken soll. Nach einer anderen Quelle soll es sich bei "Peter Saxon" aber um ein Verlagspseudonym ("house name") handeln, das von verschiedenen Autoren bestückt wurde, und zwar von W. Howard Baker, Rex Dolphin, Stephen D Frances, Ross Richards  und Wilfred (Glassord) McNeilly. Von McNeilly stammt demnach der Roman "The Torturer".
Diese Darstellung deckt sich mit einem Eintrag in diesem Forum zur Bibliografie von "Peter Saxon". Hier wird folgende Publikationsgeschichte des englischsprachigen Ausgabe  von "The Tourturer" genannt:
Mayflower-Dell, 1966
Paperback Library, 1967, 1970
Five Star, 1972
Read more

Eine erste Ausgabe erschien 1966

















Eine spätere Ausgabe



















Die deutsche Ausgabe erschien dann unter dem Titel "Ewige Schreie" (wobei "Doppelband" hier ein Romanheft doppelten Umfangs - etwa 125 Seiten - meint) und dann 1971 zusammen mit  "Der Tote im Gepäck" ("My strongest case") von  Etienne Levecque als Doppelband "Luther Horror Expert Nr 4".



















Andere deutsche Ausgaben von Peter Saxon:
"Das Schloss der Vampire" ist  ein "klassischer Vampirroman"  und erschien erschien erstmals 1973 als Vampiur Horror Roman  Band 30 bei Pabel. Die Neuausgabe als Romanheft in der Reihe "Dämonenland" erschien am 12.02.1991 (Quelle: gruselromane.de)
Klappentext der VHR-Ausgabe: Das einsame Schloss in den rumänischen Bergen ist vom Tourismus unberührt geblieben. Als sich ein paar junge Amerikaner dorthin verirren, werden sie wie liebe Gäste empfangen. Sie ahnen nicht, dass der Graf ein unheimliches Doppelleben führt. In unterirdischen Höhlen und Gängen herrscht er über ein Schreckensreich der Vampire und Werwölfe. Diese Ungeheure sind seine Helfer bei der Jagd auf Menschen ...
Das Original ist wohl "Vampire Moon" (Belmont) (Quelle: bibliotheke-vampires.de)
Der Klappentext der Belmont-Ausgabe von 1970:
The shadow of the Vampire Prince and his legion of ghouls darkened the village both in the tiny village high in the mountains of Rumania. Far from civilization, the Vampire Prince held sway over the superstitious peasants. They helped him lure two visiting American girls into his bat-infested lair. The girls didn't believe in vampires. By the time they began to believe, it was too late.






















Hierbei handelt es sich um "The vampires of Finistère", übersetzt von Horst Pukallus, Vampir-Taschenbuch 27, Rastatt: Pabel 1975

19.11.11

Yasmina Khadra:
Morituri

Kommissar Llob aus Algier, humorvoll, sarkastisch und absolut integer, zögert nicht, die Drahtzieher bei einer Serie von Morden an Intellektuellen in den höchsten Kreisen zu suchen. Seine Hauptgegener sind jene "Kriegsgewinnler", die in schwer bewachten Luxusvillen rauschende Feste feiern und Macht und Kapital unter sich aufteilen.
Schwarz, schwärzer, Khadra: ein Regionalkrimi der anderen Sorte. Das Algier der Korruption und der Gewalt, das Mohammed Moulessehoul alias Yasmina Khadra beschreibt, ist die CNN/MTV-Adaption von Hammetts "Poisonville", Inspektor Llob auf der Suche nach der Lösung seines Falles ist ein Getriebener: Wo es kein Recht und schon gar keine Gerechtigkeit gibt, bleibt allein die Frage nach der Wahrheit.
Die Spur die Llob verfolgt, legt einen Schnitt durch eine Gesellschaft und einen Staat, in der ein Polizist seinen Job wahrscheinlich nur ordentlich machen kann, wenn er wie Llob zugleich auch Schriftsteller ist: die Phantasie macht ihn frei, im Durcheinander von korrupten Verstrickungen das Denkbare zu denken, das Wahrscheinliche für möglich zu halten und sich dabei nicht anstecken zu lassen.
Khadra erzählt hart, aber nicht wegen des Effektes, seine Figuren liegen in der Nähe der Karrikatur - aber nur, weil sie erst da ihr wahres Gesicht zeigen. Dies alles und der Stenogrammstil, in dem er den Kriminalfall entwickelt, machen den Roman zu einem gemeinen Tritt zwischen die Beine aller Freunde von traditionellen Landhaus-Geschichten: Es schmerzt, aber für einen Moment sieht man, wie die Dinge wirklich sind.

Yasmina Khadra:
Morituri. (Morituri).
Aus dem Französischen von Bernd Ziermann und Regina Kreil-Sagawe.
UT metro

18.11.11

Helmut Frangenberg:
Trümmer

Am 19.November 1947 ist in der Lindenthaler Rurstraße in Köln eine Frau erschossen aufgefunden worden. Die schwierigen Ermittlungen in der Nachkriegszeit konfrontieren den jungen Polizisten Richard Muckler nicht nur mit der Doppelmoral und den Vertrickungen der Vorkriegsgeneration, die ihre Vergangenheit verdrängt und auf eine bessere Zukunft hofft, sondern auch mit dem eigenen Versagen. Due Grenzen zwischen Gut und Böse, Schuld und Unschuld, verschwimmen. Ein anerkannter politsich Verfolgter wird zum Hauptverdächtigen, ein Oberinsoektor der Polizei wird belastet, ein ehemaliger Zwnagsarbieter wird zum Kriminellen,. (Verlagstext)

Ein Krimi in schwarz-weiß, wie die Filme aus den fünfziger Jahren: Männer zwischen Ruinen, Schlangen vor den Läden und Behörden, Hunger, Leere, zerstörte Illusionen und eine ungewisse Zukunft. Köln liegt in Trümmern, die britischen - je nach Sichtweise - Besatzer oder Befreier versuchen, so etwas wie Ordnung in Chaos zu bringen. Die deutsche Polizei wird an der kurzen Leine gehalten - da wird eine Morduntersuchung wie im Fall der Ingrid Förster schneller zum Politikum als man es sich denken kann. Aber Jungpolizist Richard Munckler hat auch seine ganz persönlichen Schwierigkeiten mit dem Fall, der eigentlich so aussieht wie all die anderen ganz gewöhnlichen Überfälle jener Zeit. Munckler wird skeptisch, nicht nur weil sein Chef Alfons Mohren dubiosen Umgang mit dem dubiosen Verdächtigen Herbert Frey pflegt, sondern auch weil er sich selbst wieder in der Welt zurechtfinden muss, die gerade zusammengebrochen ist. Welches Recht und welche Ordnung gilt eigentlich nach den Verbrechen des Krieges mit seinen Millionen von Toten? Muncklers Suche nach dem Mörder der Ingrid Förster ist deshalb auch ein Zeitbild, sorgfältig entwickelt und ins Muster des Kriminalromans eingefügt. Die Nachkriegszeit rekonstruiert Horst Fangenberg nicht vordergründig, wie etwa Edgar Noske die 50er Jahren in "Nacht über Nippes" mit Details und Fakten, sondern mit Blick auf die Befindlichkeit seiner Charaktere. Dass ihm dabei gelegentlich auch ein paar abgegriffene Bilder aus alten schwarz-weiß-Filmen dazwischengeraten, nimmt man dabei gern in Kauf.
Reinhard Jahn

Helmut Frangenberg: Trümmer
Köln Krimi Classic 5, Emons Verlag 2001
205 Seiten ISBN 3897052180
Originalausgabe 17,80 DM / 9,00 EUR