28.9.11

Michelle Guittari: Die Signatur

Alles beginnt mit "Begebenheiten an einem langen merkwürdigen Tag in Florenz" - es ist der 1. November 1999, ein Tag der für Kommissar Ferrera von der Kriminalpolizei in Florenz mit einem ganz normalen, gemütlichen Frühstsück beginnt, bei dem er noch nichts von dem Mord einem Antiquitätenhädler ahnt, zu dem man ihn später rufen wird. Ein Tag, an dem um 8.45 Uhr die junge und hübsche Studentin Valentina Preti auf dem Florenzer Bahnhof Santa Maria Novelle aus dem Eurostar 94-25 steigt, weil sie ein paar Semester an der Philosophien Fakultät der Uni Florenz studieren möchte. Ein Tag, der auch den Auftakt zu einer Serie von grauenhaften Morden bildet, die Florenz und Kommissar Ferrera ind en nächsten Wochen in Atem halten werden.

Morde an normalen, alleinstehenden, zurückgezogen lebenden Männern - die Leichen jedesmal wie bei einem Kunstwerk arrangiert, andererseits aber auf die Gesichter grauenhaft verstümmelt.

Ein Serienkiller, der sich als Künstler versteht? Kommissar Ferrera setzt eher auf die andere Verbindung zwischen den Opfern: ihre versteckte Homosexualität. Dass beide Spuren eigentlich zusammengehören, begreift er erst später: als er entdeckt, dass der Täter seine Opfer jeweils mit einer symbolischen Signatur versieht, die Ferrera persönlich gilt.

Eine höchst lebendige und spannende Kriminalgeschichte aus Florenz: ein moderner italieniicher Polizeiroman auf einem historischen Fundament.
Reinhard Jahn

Michelle Guittari
Die Signatur
BLT 92199

Daniel Kalla: PANDEMIE


Volksrepublik China, Provinz Gansun. Zwei mysteriöse Besucher, die in einem kleine Militärkrankenhaus einen bestimmten Patienten sehen wollen.

Wieviel die beiden seltsamen Gäste an irgendwelche korrupten Militärs egzahlt haben, wer ihnen die Erlaubnis für diesen Besuch gegeben hat, was sie wünschen - nichts ist wirklich klar.
Angeblich wollen die beiden dem sterbenskranken Patienten, der dort in Quarantäne liegt, die Sakramente seines Glaubens spenden - in Wirklichkeit haben Sie es auf sein Blut abgesehen, auf andere Körperflüssigkeiten, kurz gesagt: auf alles, was infektiös ist.

Doch als man das endlich bemerkt, ist es schon zu spät und die beiden sind mit dem hochgefährlichen Virus geflohen, der bis jetzt nur in einer Kleinstadt in Gansun ausgebrochen ist. Ein Virus, der die klassische Mutationskette absolviert hat, als er von Geflügel auf den Menschen übergsprungen ist.

Mit dem Virus bekommt es dann bald darauf auch Dr. Noah Haldane von der Weltgesundheitsorganisation WHO zu tun. Er wird mit seinem Expertenteam nach China geschickt, als die Warnsignale über den Ausbruch von RACS unüberhörbar werden: R-A-S-C bedeutet Akutes Atemnotsyndrom, eine Krankheit, gefährlicher als S-A-R-S, eine Krankheit an der jeder Vierte infizierte stirbt.

Die WHO-Experten nehmen den Kampf gegen RASC vor Ort auf, mit Erfolg, wie es scheint: Quarantäne, Beobachtung, Behandlung. Doch dann, gerade als man glaubt, den Ausbruch unter Kontrolle zu haben, tauchen neue, akute RASC-Fälle in den Metropolen der Welt auf - Hongkong, London, Amerika. Und bei Dr. Haldane ensteht ein schrecklicher Verdacht, der bald zur Gewissheit wird: Das (oder der) Virus ist in die Hände von islamistischen Terroristen gefallen, die damit drohen, es weltweit zu verbreiten. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
PANDEMIE überzeugt vor allem durch den Insider-Blick auf die Methoden der Seuchenbekämpfung, die der Autor als Mitglied einer SARS-Taskforce in Kanada kennengelernt hat: Spannende, höchst aktuelle Thriller-Unterhaltung.
Reinhard Jahn

Daniel Kalla
PANDEMIE
Heyne TB43134


22.9.11

Interview: Sabine Deitmer


Ortstermin in Dortmund - zwischen späten Feierabendbummlern und frühen Party-Gängern in einem kleinen Café gegenüber der örtlichen VHS. Sabine Deitmer ist die Lady in Black - schwarzes Haar, schwarze Jacke.


Sie ist die Autorin, die 1988  mit ihrer Storysammlung "Bye Bye Bruno" eine ganz neue Gattung des deutschen Krimis erfunden hat - Zyniker nannten es damals die "Frau macht Mann tot"-Geschichten: Frauen entledigten sich ihrer nervigen, brutalen oder sonstwie störenden Gatten / Vorgesetzten / Kollegen mit trickreichen Morden - und kamen damit durch. Es war die Hochzeit des sogenannten "Frauenkrimis", und wenn man so will hat Sabine Deitmer mit ihrer Kommissarin Beate Stein ("Mein Name ist Stein - Beate Stein!") die Mutter aller deutschen Fernsehkommissarinnen, taffen Aufklärerinnen, aller emanzipierten Krimi-Polizistinnen geschaffen. Ihren ersten Auftritt hatte Beate Stein 1993 in "Kalte Küsse", es folgten "Dominante Damen" (1994) und "Neon-Nächte" (1994) Dann folgte eine große Pause - bis jetzt - 2004 Beate Stein wieder auf die Bühne zurückkomt: in "Scharfe Stiche".

Mit Sabine Deitmer sprachen Almuth Heuner und Reinhard Jahn.

Frage: Im Augenblick boomen im Fernsehen die Schönheitsshows. Und in SCHARFE STICHE geht es um aufgespritzte Lippen, abgesaugte Reiterhosen, vergrößerte Brüste und korrigierte Nasen...

Deitmer
Ja, wer hätte sich je vorstellen können, wieviele Frauen (und Männer) an ihrem Körper rumschnibbeln lassen. Wie die Branche boomt. Wie die Medien das begleiten mit allem Tamtam. Dass bei "Big Brother" und anderen Fernsehfomaten die Mädels Schlange stehen, um ihre OP filmen zu lassen. Das ist ja inzwischen Mainstream, gesellschaftlich."

Frage:
Sie haben Erfahrungen mit Schönheitschirurgie?

Deitmer:
Sehe ich so aus?

Frage:
Wir achten eher auf die inneren Werte.
Deitmer:
Soll ich das jetzt als Kompliment oder Beleidigung auffassen?  - Nein, ich habe mich nicht liften lassen, nichts absaugen lassen. Vor der Arbeit an den 'Scharfen Stichen' hätte ich vielleicht kleinere Korrekturen nicht ausgeschlossen. Aber  jetzt weiß ich: niemals. Gerade habe ich ein paar neue Schneidezähne verpaßt gekriegt, ich habe ausdrücklich darauf bestanden, dass sie genauso krumm und schief wie ihre Vorgänger werden. Wer weiß, ob ich das ohne die 'Scharfen Stiche' so entschieden hätte.


Frage:
"Scharfe Stiche" beginnt damit, dass ein Schönheitschirurg grauenhaft ermordet und entstellt vor seiner Klinik gefunden wird. Schweineohren spielen dabei eine große Rolle, und später ein Schweinekopf....
Deitmer:
Oh je, der Schweinekopf. Das ist so eine Geschichte...

Frage:
Und zwar?

Deitmer:
Ich habe mir zur Recherche einen Schweinekopf besorgt, einen echten, über einen befreundeten Metzger. Und als ich den das erste Mal in den Händen gehalten hab, hätte ich am liebsten alles wieder rückgängig gemacht. Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet, dass mich das so berühren würde, der Kopf in meinen Händen. Ich habe ihn dann in den Kühlschrank gepackt. Es hat ein paar Tage gedauert, bis ich es geschafft habe, ihn wieder rauszunehmen und an ihm rumzuschneiden. Danach habe ich ein paar Wochen lang kein Fleisch angerührt.

Frage:
"Scharfe Stiche" ist nach fast zehn Jahren wieder ein "Beate Stein"-Roman. Wir finden die Kommissarin auf den ersten Seiten relativ unbeschädigt in ihrer alten Heimat Dortmund wieder - bis auf eine Beziehungskrise mit ihrem Dauerlover Beckmann scheint sich wenig verändert zu haben.

Deitmer:
Sie finden Beate  also 'relativ unbeschädigt'. Das freut mich. Ich habe es ja damals nicht übers Herz gebracht, Beate sterben zu lassen. Also lebt sie jetzt in den "Scharfen Stichen" wie sie nun mal ist, im Hier und Jetzt. Und da sieht es ganz anders als vor zehn Jahren aus."

Frage
Und zwar?

Deitmer:
Beates alter Chef ist pensioniert, neue Zeiten sind angebrochen. Ich schildere die Polizeibehörde in den Zeiten von Controlling und Qualitätsmanagement. Da kann ich aus eigenen Erfahrungen schöpfen. Ich bin ja vor einiger Zeit nach zehn Jahren als freie Autorin zurück in die öffentliche Verwaltung. Es ist unglaublich, was sich da getan hat, was sich da zur Zeit tut.

Frage:
"Qualität, Professionalität, Rentabilität", um Beate Steins neuen Chef zu zitieren. Die Behörde als Dienstleister, der Bürger als Kunde....

Deitmer:
Und wissen Sie, wie Geschäftsberichte heute  heißen? - 'Erfolgsbericht'. Das sagt alles, finde ich. Das erste neue Wort, das ich gelernt habe, als ich zurück in die VHS kam, hieß P-U-L-P. Das hat nichts mit Krimi zu tun. Es heißt übersetzt 'Produkt- und Leistungsplanung.' Eine  Wiedergänger der alten Fünf-Jahrespläne aus der DDR.

Frage
Beate Stein nimmt das alles nicht so ganz ernst und lässt ihren Chef mit seinem Controlling-Wahn einige Male eiskalt auflaufen: Der Krimi als satirische Bürokratiekritik?

Antwort:
Sie nennen es 'satirische Bürokratiekritik, für mich ist es die Realität.

Frage: In den Zeiten Ihrer "Bye Bye Bruno"-Geschichten hätte so einer wie Beates neues Chef nicht lange überlebt. Irgendeine Putzfrau oder Sekretärin hätte ich ihn geschickt gemeuchelt und wäre damit davongekommen.


Deitmer:
Sicher nicht.

Frage: Mit den Geschichten in "Bye Bye Bruno" haben Sie seinerzeit nicht nur eine Reaktion Ihrer männlichen Kollegen ausgelöst...
Deitmer:
Und was für eine!

Frage:...sondern auch ein Vorbild für jüngere Autorinnen geschaffen. Sehen Sie Ihre Themen, Ihr Anliegen heute in den Werken der aktuellen Autorinnen fortgesetzt?

Deitmer:
Ein Vorbild für jüngere Autorinnen? So habe ich das nie gesehen, das habe ich auch nicht angestrebt. Mich hat es eher verblüfft, dass ich mit den Bruno-Geschichten eine Tür aufgestoßen habe, durch die in der Folge so viele Kolleginnen gegangen sind, dass ich so viele inspiriert habe, eigene Männer-Mordgeschichten zu ersinnen, darunter so schöne, wie die von Milena Moser und Ingrid Noll. Vor kurzem habe ich auf einer Lesung von Thea Dorn eine Geschichte gehört, in der eine Frau einen Verehrer mit dem Bikini erwürgt, den er für sie gestrickt hat. 16 Jahre nach dem Erscheinen von 'Bruno' ist für die Kolleginnen das Männermorden immer noch Thema.

Frage: Für Sie nicht?

Deitmer:
Mich selbst hat das Männermorden schnell gelangweilt, und ich habe mich anderen Themen zugewandt. In 'Auch brave Mädchen tun's', zwei Jahre nach 'Bruno' habe ich die Männer eher lustlos und beiläufig umgebracht, Thema waren für mich die Frauen, deren Wege zu Glück und Zufriedenheit, jenseits der Bilder, die unsere Kultur für Frauen parat hält.    


Frage: Sehen Sie sich eigentlich selbst in einer Krimi-Tradition?

Deitmer
Das habe ich mich noch nie gefragt. Die Beate Stein-Romane sind Polizeiromane, das wäre am ehestens die Sjöwall-Wahlöö-Tradition. Damit könnte ich mich anfreunden. Aber in welcher Tradition steht die Nähe, mit der ich im parallelen Erzählstrang immer beim Opfer/Täter bleibe?

Frage: Vielleicht in der eines Autors oder eine Autorin, von denen Sie geprägt wurden? Wie fing das also alles an mit Ihnen und dem Kriminalroman?

Deitmer:
Christie und Highsmith sind die Autorinnen, mit denen ich mich zu Studienzeiten am intensivsten beschäftigt habe. Am meisten beeindruckt hat mich bei ihnen die Respektlosigkeit, mit der sie sich über Genre-Konventionen hinweggesetzt haben. Agatha Christie läßt den Erzähler morden, einen Polizisten, ein Kind, eine Gruppe von Menschen, sie kennt kein Pardon. Im Deutschen kommt sie durch die frühen Übersetzungen viel zu "niedlich" rüber. Im Englischen ist das anders. Patricia Highsmith hat als erste, einen charmanten Mörder zum Helden ihrer Romane gemacht. Aber ich liebe auch Janwillem van de Wetering, Faye Kellerman, Robert B. Parker, Frances Fyfield, Elmore Leonard... es gibt so viele tolle Autoren und Autorinnen...

Frage: Kellerman, Parker, Leonard sind amerikansiche Autoren - zur Zeit wird ja viel über einen Unterschied zwischen amerikanisch beeinflußtem Erzählstil und einem "europäischen" Stil diskutiert.  Gibt es einen typisch deutschen Stil?

Deitmer:
Auf der ersten deutsch-französischen Krimitagung im Dezember 2003 war ich beeindruckt von Jean-Bernard Pouy, der einen Roman aus der Perspektive einer telepathischen Kuh erzählt ("Larchmütz 5632"). Da sitzen zwei Alt-68er auf einer maroden Farm in der Bretagne, die Frauen sind ihnen weggelaufen, dann kommt ein Brief, sie werden reaktiviert und sollen wieder Revolution machen. Beseelt von altem revolutionärem Schwung besaufen sie sich und schießen auf alte Musik-scheiben, die sie für verzichtbar halten...ein wunderbarer Roman. Seither mache ich mir Gedanken darüber, ob ich nicht als nächstes bzw. übernächstes etwas ganz anderes schreiben werde, etwas europäisch-verrücktes, etwas jenseits der amerikano-Plot-Dramaturgie. Seit der Tagung habe ich zum ersten Mal
daran gedacht, ob nicht ähnlich wie im Musikbereich auch die nationalen Geschichten schützenswert wären.

Frage: Eine Deutsch-Quote im Krimi-Bereich? Nicht wikrlich, oder?
Deitmer:
Warum nicht? Bei einer Lesung mit sieben anderen KollegInnen im Münchener Literaturhaus ist mir bewußt geworden, wie unterschiedlich und anders in Ton, Thema und Stil wir alle waren. Was für ein Reichtum das ist. Und wie öde dagegen diese amerikanischen 'Plastikbücher' sind, bei denen der Stil immer gleich und die Handlung vorhersehbar war. Bücher, die unsere Buchhandlungen überschwemmen. Vielleicht brauchen wir einen geschützen Freibereich, in dem sich Geschichten jenseits des Mainstreams entwickeln können. Ein paar Jahre lang habe ich nichts geschrieben, weil ich mir überlegt habe, welche Art von Geschichten zu den sich so rasant ändernden Zeiten passen. Für mich war zum Beispiel ein wesentlicher Antrieb 'starke Frauen' auf dem Papier zu entwickeln, weil sie in der Öffentlichkeit (Werbung, Politik, Fernsehen) nicht vorkamen. Heute ist das anders, Frau Merkel plant ihre Kanzlerkandidatur, Frau Christiansen plaudert mit den Mächtigen, Hobbymärkte machen Werbung mit starken Frauen, die Bohrhämmer schwingen... Was für Geschichten möchte ich erzählen als Kommentar zu den schönen neuen Zeiten? Das ist für mich weiter eine zentrale Frage. Seit der Lektüre von "Larchmütz 5632" weiß ich, dass die Antwort auf diese Frage vor der eigenen Haustür liegt, auf jeden Fall in Europa.

Frage: Sie haben beides gelebt, zehn Jahre lang waren Sie freie Autorin, jetzt arbeiten Sie wieder an der Volkshochschule und schreibe nebenher. Was ist der  Unterschied?

Deitmer:
Seit ich nicht mehr Schreiben muß, weil ich mein Geld an der VHS verdiene, habe ich die alte Lust am Schreiben wieder entdeckt. Es ist ein tolles Gefühl, machen zu können, was ich will. Frei von dem Druck, ökonomischen Erfolg haben zu müssen

Frage:  Und die obligatorische Schlussfrage für das krimi-forum.de: Wie nutzen Sie das Internet für Ihre Arbeit und welches ist Ihre Lieblings-Homepage?
Deitmer: Bei einem fulltime job und dem Schreiben ist die Zeit zum Surfen begrenzt. Zur Zeit besuche ich die Homepages deutscher und ausländischer Kollegen und Kolleginnen, weil ich denke, ich sollte langsam auch eine haben. Bisher schreckt mich noch die Vorstellung, dass so eine Homepage gewartet und auf den letzten Stand gebracht werden muß...

Frage: Danke für das Gespräch.

---
Interview mit Sabine Deitmer, geführt von Reinhard Jahn und Almuth Heuner, 2004,
Veröffentlicht auf www.das-syndikat.com 2004

Sabine Deitmer im Krimilexikon:
http://krimilexikon.de/deitmer.htm

Sabine Deitmer in der "Befragung" von Thomas Przybilka und Gisela Lehmer-Kerkloh
http://www.bokas.de/befragungdeitmer-sabine.html

Tatjana Kruse: Wie klaut man eine Insel

Borkum soll österreichisch werden.

Krimi-Insel-Comedy

Roland Büby kommt aus Schwäbisch Hall. Er ist Philosoph und großartiger Diogenes-Kenner, hat über "Das Erfassen der Realität im brutalen Pragmatismus des Diogenes" promoviert und danach natürlich keine Arbeit gefunden. Er ist nach Borkum gekommen, um seinem Leben ein Ende zu setzen in der Pension von Gesche Piepenbrink. Weil - ja weil er einfach keinen Verleger für sein epochales Werk über Diogenes gefunden hat - und weil er nicht damit leben kann, nach der Rechtschreibreform jetzt ein Filosof mit zweimal F zu sein.

Arved von Trauentzien ist nach Borkum gekommen, um die Insel in Besitz zu nehmen. Denn der österreichische Adelige hat im Familienarchiv eine Urkunde gefunden, aus der hervorgeht, dass Napoleon der Familie derer von Trauentziens die Insel vermacht hat. Die Insel Borkum. Bis Arved seine Ansprüche gegen den Borkumer, dem deutschen Staats und der europäischen Kommission durchgesetzt hat, wohnt er mit Ehefrau und Geliebter in der Pension von Gesche Piepenprink.

Und genau dort, in der Pension, steht Roland Büby dann vor einer Leiche. Ein Unbekannter, der aber eine unverkennbare Ähnlichkeit mit Arved von Trauentzien hat, dem es inzwischen gelungen ist, die gesamte Inselbevölkerung gegen sich aufzubringen. Und als dann kurz darauf noch in den Borkumer Dünen ein Mann niedergemetzelt wird, der wiederum eine unverkennbare Ähnlichkeit mit Arved hat, fragt sich nicht nur die Kripo, sondern auch Roland Büby: Haben wir es mit einem Serienkiller mit einem Sehfehler zu tun?

Krimi-Comedy at it's best. Ohnsorg-Theater meets Monty Python, mitten auf Borkum, mitten auf dem Lachmuskel des Lesers.
Reinhard Jahn WDR5 Mordsberatung

Tatjana Kruse:
Wie klaut man eine Insel
Leda-Verlag

Agatha Christies "Bertrams Hotel"



Das Hotel als Habitat und Bühne für die bessere Gesellschaft - die altgedienten Colonels und generale, die älteren Damen, die Lords und Ladys, aber auch die hilfreichen Geister aus deren Umgebung, die Kinderfräuleins, Gouvernanten. In dieses Gesellschaftsspiel schickt Agatha Christie dann aber auch immer wieder Boten der Modenre wie die Abenteurerin Bess Sedgwick, Kämpferin der der französischen Widerstand, Atlantikfliegerin, eine der bestgekleideten Frauen Europas, sie hat "mehrere rühmliche und weniger rühmliche Ehen" hinter sich und entsprechend "Geld wie Heu", wie Lady Selina ihrer Freundin Miss Marple im Foyer des BETRAMS anvertraut, "Unterhaltszahlungen und dergleichen."


Das BERTRAMS gibt nicht nur Titel, sondern auch Schauplatz von BERTRAMS HOTEL aus dem Jahr 1965 ab. Es ist zugleich auch ein geschickt aufgebautes Kuriosum in den zahlreichen Hotel-Szenerien Agatha Christies, eine Art Themen oder Erlebnis-Hotel, wie man heute wohl sagen würde: "Biegt man, vom Hyde Park kommend, in eine der unscheinbaren Straßen ein, so gelangt man bald in eine ruhige Straße, auf deren rechter Seite Bertrams Hotel liegt. Bertrams Hotel kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Während des Krieges wurden die Häuser zu seiner Rechten zerstört und etwas weiter unten auch die zu seiner Linken. Aber das Bertrams selber blieb unversehrt. Natürlich hatte auch dieses Haus einige Kratzer und Schrammen abbekommen. Doch mit Einsatz einer nur mäßigen Summe wurde der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt. 1955 sah es genauso aus wie 1939 - würdevoll, unaufdringlich und unauffällig teuer."

Mit dem  klug ausgetüftelten Retro-Ambiente des Bertrams schafft sich Christie in ihrem etwa 60sten Krimi mitten in den 6oer Jahren wieder ihre so beliebte Vorkriegs-Kulisse einer scheinbar geordneten Gesellschaft mit einem goldbetressten Portier, der dem gast die Tür zur halle mit den beiden gemütlichen Kohlenfeuern öffnet, "flankiert von großen gefüllten Kohleeimern aus Messing, die genauso glänzten wie zu Eduards Zeiten"
Eine Szenerie, die geradezu nach dem traditonellen Five O'Clock-Tea schreit, den Christie mit sanfter Ironie als Einstieg zelebriert - mit schlanken Jungkellnern, die unter der Aufsicht des Hotel-Butlers besten indischen Tee in silbenen Georgianischen Teekannen auf wappengeschmückten Tabletts servieren. Doch freilich, auch jede Idylle hat ihre kleinen Fehler: "Das Porzellan war zwar nicht echt Rockingham und Davenport, sah aber jedenfalls so aus."


"Es ist eine Frage der Atmosphäre", zwinkert uns Lady Agatha kurz darauf zu, wenn Hoteldirektor Humfries erklärt, dass er das BERTRAMS bei der Renovierung quasi als Erlebnispark für die Touristen hat umbauen lassen - natürlich gibt es eine gut versteckte Zentralheizung und man muss zum Frühstück nicht very british geräucherte Salzheringe, Nieren mit Speck und Kaltes Waldhuhn nehmen, sondern kann sich auch Cornflakes und Toast bestellen, mit einem Wort: "Das Hotel muss antiqiuiert wirken, aber gleichzeitig den modernen Komfort besitzen. (...) Unsere alten Leutchen" - damit meint Humfries das gesamte Gästepersonal der täglichen Teestunde - "müssen das Gefühl haben, daß sich seit der Jahrhundertwende nichts geändert hat."

Und damit die alten Leutchen sich immer wieder bei ihren Trips nach London im BERTRAMS einquartieren, gewährt ihnen der gecshäftstüchtige Mr Humfries Vorzugspreise - was die durchweg bereits etwas vergreiste Klientel entweder gar nicht merkt, weil sie seit 50 Jahren alle Preissteigerungen ignorieren - oder was sie einfach als Vorzugsbehandlung für Stammgäste zu schätzen wissen.


Mörder im Hotel
Die Hotels in Agatha Christies Kriminalromanen

 

Mehr zu Hotelkrimis auf der Seite von
HOTEL TERMINUS - ein Hotelkrimi von 12 Autoren

17.9.11

Siebziger Spätlese

Reinhard Jahn:

Die Stunde vor Mitternacht

Die Fernsehkommissare der 70er Jahre

Am besten, man geht in den Stunden vor Mitternacht auf die Pirsch, denn das Wild ist nachtaktiv. Es tummelt sich zwischen Spätnach-richten, Tagesrückblicken und den "Hinweisen auf unser Programm von morgen". Der erfahrene Zapper pirscht sich mit der Fernbedienung durch die Dritten Programme der ARD, schaut beim Ersten und Zweiten hinein und wirft einen Blick auf 3SAT. Irgendwann stößt man dann mit Sicherheit auf die ersten Spuren: Männer mit kinnlangen Koteletten und in engen Kunstlederjacken oder wimpernklim-pernde Naivblondinen auf Plateausohlen, die Sätze sagen wie: "Oh mein Gott, wenn ich das gewußt hätte!" oder "Nein, das halte ich für absolut unwahrscheinlich."

    Man entdeckt die Reifenspuren der Volkswagen-Käfer, in denen Polizisten in schlechtsitzenden Uniformen Streife fahren und über einen Telefonhörer am Armaturenbrett mit ihrer "Zentrale" re-den, man sieht sich Herren in dunklen Mänteln gegenüber, die in düsterem Ambiente um eine Leiche herumstehen, bis der kleinste von ihnen sagt: "Rehbeinchen, mach mal ein Protokoll!" Oder der größte von ihnen lenkt seinen Hundeblick durch seine Versicherungsvertreter-Brille und meint: "Harry..."
    Da lehnen wir uns gemütlich auf unserem Fernsehhochsitz zurück und sehen den Kommissaren der siebziger Jahre bei ihren Ermittlungen zu: Trimmel, Finke, Marek, Kressin. Keller und Der-rick. Veigl, Haferkamp und ein paar anderen, deren Namen wir nicht gespeichert haben. Dunkel kommt einem der eine oder andere Fall bekannt vor: Die Sache mit der Leiche auf der Transitautobahn - ha-ben wir den Film nicht damals mit unserer ersten oder zweiten Liebe gesehen und das Ende nicht mehr mitgekriegt, weil...
    Déja vu der Gesten und Rituale aus einer Zeit, als wir noch ohne Gleitsichtbrille fernsehen konnten: Haferkamps Frikadellen sind uns noch so vertraut, als hätten wir ihn erst gestern zuletzt eine essen gesehen; genau wie Trimmel, der zum Verhör erst einmal einen Kurzen kippt und sich seinen Stumpen anzündet. Und natürlich immer wieder "Rehbeinchen..." und "Harry..."

    Rehbeinchens Chef war der Übervater der Kommissare der siebziger: Erik Ode alias "Der Kommissar" Keller aus München, der im Januar 1969 seinen ersten Fall löste: "Toter Herr im Regen". Er war einer, der noch den Krieg mitgemacht hatte und deshalb seine Männer im Offizierston herumkommandieren konnte:. Grabert, der amerikanisierte Sunnyboy, Heines, der gesichtslose Tech und natürlich Harry Klein alias Fritz Wepper, der nach seinem Einsatz bei der "Brücke" (1959) nur noch schnell die Mittlere Reife gemacht zu ha-ben schien, ehe er in Kellers Team als Telefonhörerabnehmer antrat.

    "Der Kommissar" war ein Geisteskind des 1914 geborenen Herbert Reinecker, der 1936 die Zeitschrift "Jungvolk" redigiert hatte und dessen Schauspiel "Das Dorf bei Odesssa" 1942 im Bühnenvertrieb des Zentralverlages der NSDAP erschienen war. Er war so nachkriegs- und wirtschaftswunderdeutsch wie Michael Holms "Barfuß im Regen" oder "Schön ist es, auf der Welt zu sein" von Roy Black und Anita. Keller war Polizist und als solcher Beamter - nicht zu vergleichen mit seinem amerikanischen Kinokollegen "Dirty Harry" oder dem Popeye Doyle aus "French Connection I". 
    Als Polizist und Beamter bekam Keller es mit Groß- und Kleinbürgern zu tun, die sprachlos und sturzbetroffen auf den Toten starrten, der da vor der Schrankwand mit Goethe-Gesamtausgabe und Großem Brockhaus lag. Oder brutal niedergestreckt in der Toreinfahrt eines - natürlich - übel beleumdeten Nachtclubs, in dem sich die Nackttänzerinnen den BH immer erst dann abnahmen, wenn die Kamera sie in die Unschärfe zog. Keller war einer, dem seine Assis-tenten den Telefonhörer hinhielten ("Für Sie, Chef!"), dem sie die Büro- und Autotüren aufmachten und den sie leibstandartenmäßig sicherten, wenn er dem Besitzer des übel beleumdeten Nachtclubs Auge in Auge gegenübertrat.

    Nicht, daß er damit der einzige gewesen wäre, der seine Kollegen herumscheuchte. Trimmel in Hamburg brüllte seine Assistenten an, lobte und tätschelte, war quengelig und unberechenbar wie ein frustrierter Unteroffizier. Trotzdem war Trimmel kein Polizei-Beamter. Trimmel war ein Bulle, einer, der sich durchaus darüber klar war, daß er gegen einen übel beleumdeten Nachtclub (in dem sich die Damen auch schon einmal auszogen, während sie noch in der Schärfe waren, denn immerhin waren wir ja in Hamburg) über-haupt nichts ausrichten konnte, wenn er nicht irgendeinen Staatsanwalt im Rücken hatte.
    Daß Trimmel trotzdem gleich in seinem ersten Fall, dem "Taxi nach Leipzig" (1970) auf eigene Faust eine Extratour jenseits aller deutsch-deutschen Abgrenzungen durchzog, war schon fast eine Revolution in der Willy Brandt-Republik, die gerade erst einmal bei den Ostverträgen zur Kenntnis genommen hatte, daß es hinter dem Zonengrenze einen zweiten deutschen Staat gab. Dort drüben, waren die Kripobeamten vom "Polizeiruf 110", die acht Monate nach Trimmels erstem TATORT-Einsatz ihren Dienst antraten, nicht von der Kripo, sondern von der "K", waren keine Kommissare, sondern ehrlicherweise gleich Oberleutnants, die ihre Leutnants herum-scheuchten und ein wachsames Auge auf Verbrechen gegen sozialistische Menschen und sozialistisches Eigentum hatten.

    Trimmel war einer, der auch gut in den "Händler der vier Jahreszeiten" (1972) gepaßt hätte oder in "Angst essen Seele auf" (1973), ein Charakter, den man lieben oder hassen konnte, aber an dem man eben nicht unberührt vorbeiging wie an dem smarten kleinen Kommissar von Herbert Reinecker, der für die guten Menschen immer Mitgefühl und die für die bösen nur Verachtung übrig hatte. Verbrecher waren für Trimmel auch nicht immer notwendigerweise die, die die Waffe abgedrückt hatten, sondern auch schon mal die Drahtzieher im Hintergrund, die Anstifter mit den weißen Wirtschaftswunderwesten, denen man eben nicht in der letzten Filmminute das tränengeschwängerte Geständnis abringen konnte. ("Ich hab das nicht gewollt, das müssen Sie mir glauben, bitte!") Eine Erfahrung, die Trimmel wohl mit seinem Autor Friedhelm Werremeier teilte, dem Kriminalreporter, der für die Illustrierten im Willy Brandt-Land über Jürgen Bartsch und andere große Kriminalfälle geschrieben hatte.

    Von ähnlichem Kaliber waren auch die Fälle, die Zollfahnder Kressin alias Sieghardt Rupp, denn auch sein geistiger Vater war ein ehemaliger Reporter: Wolfgang Menge, Jahrgang 1924, ehemali-ger Korrespondent der "WELT" in Tokio und Hongkong und mit rund zwei Dutzend STAHLNETZ-Folgen krimigestählter Fernsehmann. Er jagte seinen sexy-flower-power-super-pop-op-Schnüffler immer wieder aus dem Rheinland quer durch halb Europa, bloß um am Ende meist seinen von Ivan Desny gespielten Widersacher im Hubschrauber, auf der Yacht oder einem sonstigen Kapitalistenge-fährt entkommen zu sehen.

    Kressin war der ladykiller in der zolibatären Bruderschaft der TATORT-Kommissare, einer, der es wie sein Ziehvater James Bond nie mit weniger als zwei Blondinen pro Film machte und des-sen Filmtitel auch keinen Zweifel daran ließen, wer hier der HELD war: "Kressin stoppt den Nordexpress" (1971).
    Kressin-Filme waren das, was ihre TATORT-Brüder immer herunterspielten: Fernsehen. Knallig, bunt und unterhaltsam  und da-bei doch zugleich so intelligent, wie es nur ein intelligenter Autor wie Wolfgang Menge schreiben konnte, der das Willy-Brandt-Land schon mit dem "Millionenspiel" (1970) nachhaltig verstört hatte. Kressin war auch einer der ersten, der es knallhart mit dem zu tun bekam, was wir heute "organisiertes Verbrechen" nennen: der Ge-sellschaft der Weiße-Kragen-Täter, die mit ihren Geschäften einen ganz anderen Schaden anrichteten, als die kleinbürgerlichen Bezie-hungs- und Gelegenheitsmörder mit ihren privaten Lebenstragödien.

    Für die Geständnisse in diesen Fällen war beim TATORT  ein anderer zuständig, wiederum ein kleiner, unscheinbarer Kommissar, der im Kleinwagen durch Norddeutschland fuhr und den Ge-schichten ohne Schlagzeilenpotential nachspürte. Klaus Schwarzkopf war Kommissar Finke, mehr Beichtvater als Bulle, einer, der wahrscheinlich keine Meinung zu Extremistenerlaß und Ostverträgen hatte, weil er sich für Politik nicht interesierte. Finke war der beharr-liche Frager für den sozialliberalen Tüftelkrimi, der zum Kriminaler umgeschulte Sozialpädagoge und Bewährungsgelfer. Wenn er in sei-ner kurzsichtig blinzelnden Unscheinbarkeit Motive und Möglichkeiten sortierte und allen mit der gleichen Aufmerksamkeit zuhörte, konnte man sich beruhigt zurücklehnen im Willy-Brandt und Helmut Schmidt-Land. Denn der Mord, dem er nachschnüffelte, ging auf keinen Fall auf das Konto irgendeiner Roten-Armee-Fraktion, hatte nichts mit dem Widerspruch von Kapital und Arbeit zu tun, sondern er war eine ganz und gar private Geschichte, ein Liebes- oder Eifersuchtsdrama, eine Affekthandlung womöglich, und mit fast hundert-prozentiger Sicherheit eine Beziehungstat. Aber um die aufzuklären, war Finke alias Klaus Schwarzkopf genau der Richtige. Ganz besonders wenn er es nach einem Drehbuch von Herbert Lichtenfeld und unter der Regie von Wolfgang Petersen tun konnte, der die norddeutsche Flachlandschaft in tiefe Bilder ohne Schimmelreiter-Pathos umsetzte und sich mit seinen Finke-TATORTEN das Ticket für "Das Boot" und eine Hollywood-Karriere erarbeitete.

    Eine ganz andere Landschaft war das Revier von Kommis-sar Haferkamp, dem Grübler aus Passion, schon fast krankhaft ab-hängig von kalten Frikadellen mit Senf und auch nach fünf Jahren Scheidung noch nicht von seiner Frau losgekommen. Haferkamps Revier war das Ruhrgebiet der Kohlenkrise, eine sterbende Indust-rielandschaft mit Zechensiedlungen und herrschaftlichen Villen, mit einem gewerkschaftlichen Organisationsgrad, der jedem Arbeitgeber den Angstschweiß auf die Stirn trieb und in der die Bürgermeisterposten bis heute noch von Genosse zu Genosse vererbt wurden. All das schien allerdings spurlos an Haferkamp alias Hansjörg Felmy vorbeizugehen, denn er war der Kommissar von der unglücklichen Gestalt, der mit seinem Sancho Pansa Kreutzer (alias Willy Semmelrogge) in einer Art Wohngemeinschaftsbüro im Essener Polizeipräsidium lebte, weil seine Privatwohnung so aussah, als hätte er sie samt Mobiliar von seiner Großmutter übernommen. Haferkamp trug einen Trenchcoat, lange bevor es durch Columbo wieder in Mode kam, und er hatte auch diese linkische Art des Jungen in den viel zu großen Schuhen, mit denen er seine Mörder aus der Reserve lockte. Aber während bei Columbo darunter italienische Einwanderer-Schlitzohrigkeit lauerte, war es bei Haferkamp ganz einfach seine Angst vor Frauen, die Furcht vor Enttäuschung und das ständige Mißtrauen gegenüber seinen Gefühlen, die ihm immer schon nach spätestens einer halben Stunde sagten, wer der Mörder ist, den er gerade suchte.
    Haferkamp war nicht auf dem Marsch durch die Institutionen, er hatte davon wahrscheinlich ebenso nur am Rande einmal et-was gehört wie von der Frauenemanzipation. Haferkamp war einer, der noch aufstand, wenn sein Chef ins Zimmer kam, und er hielt auch Frauen die Tür auf; als Mann wie als Kriminalist war er ein Auslaufmodell, und man konnte aus jeder seiner Gesten erahnen, daß er das auch wußte.
    Dennoch: Trotz all seiner Stoffeligkeit kam Haferkamp gut mit Frauen aus (oder war das umgekehrt?), und sicher nicht ohne Grund bekam er es deswegen oft bei seinen Fällen, die ihm von ver-schiedenen Autoren geschrieben wurden, mit Frauen zu tun. Sie waren die Dreh- und Angelpunkte von komplizierten Familien- und Liebestragödien oder manchmal auch kühl kalkulierende Luder, die einfach nur ihr Ding durchzogen.

    Als einzige Frau in der Kommissars-Riege der siebziger Jahre mußte sich Marianne Buchmüller (alias Nicole Heesters) bewähren. Symptomatisch, daß sie sofort zur "Buchmüllerin" mutierte und daß sie, wenn sie schon einmal zum Einsatz kommen durfte, es mit düsteren Ehegeschichten zu tun bekam, als sei das das einzige Terrain, auf dem ein Schüffler in Stöckelschuhen ihren männlichen Kollegen das Wasser reichen könnte. Marianne Buchmüller war wie Haferkamp und Finke ein guter Zuhörer, aber war sie von den Män-nern unterschied, war ihre Fähigkeit zur Emphathie, dem Nachvoll-ziehen und Nachempfinden der Gefühle. Wunsch oder Wirklichkeit - die Buchmüllerin war, was ihre Drehbuchautoren anging, zum gro-ßen Teil ein Männertraum - ein Traum des "neuen Mannes", im Helmut-Schmidt-Land gerade die Universität verließ und sich um-schaute, wie er "irgendwie" Geld verdienen und ohne seine Ansprü-che aufzugeben. Jedenfalls konnte Marianne Buchmüller genausogut staubsaugen wie Verhöre führen, ließ sich von ihrem Assistenten den Telefonhörer abnehmen und die Tür aufhalten und hörte als erste den Satz, den ihre Nachfolgerinnen in den achtzigern immer wieder zu hören bekamen: "Was - Sie sind der Kommissar?"

    Von all den neuen Männern und Frauen  unberührt geblie-ben war man unterdessen auf der anderen Seite der Alpen: Inspektor Marek aus Wien, wo die Kriminalpolizei Sicherheitsbüro heißt, war ein Kerl von altem Schrot und Korn, für den die Frauen Protokolle abtippten und Kaffee kochten. Wo Haferkamp schon an sich zweifelte, war Marek alias Fritz Eckhardt der von Selbstkritik unbeleckte Patriarch, der oft als sein eigener Hauptdarsteller unter eigener Regie sein eigenes Drehbuch verfilmte und deswegen seine Sicherheitsbü-ro-Mannschaft nach k.u.k-Maniern herumkommandieren konnte. Marek war ein Bulle, da glich er in vielen Zügen seinem Hamburger Kollegen Trimmel, und sein Wiener Schmäh konnte einen ekelhaft gefährlichen Unterton bekommen, wenn er sich einen wirklichen Ganoven zur Brust nahm. Als Tüftler in kleinbürgerlichen Mordfäl-len dagegen machte er eher eine unbeholfene Figur, wenn er sich wie die gute Onkel, vor den uns unsere Mütter immer gewarnt haben, an die Beteiligten heranmachte, und der professioneller Zapper durch die vormitternächtlichen Wiederholungssendeplätze macht aus gutem Grund einen großen Bogen um diese Marek-Wiederholungen und legt sich lieber auf die Lauer, um eine der seltenen "Kottan"-Reprisen vor die Gleitsichtbrille zu bekommen. Kottan ermittelte ebenfalls in Wien, und er war der Antichrist aller Bullem vom Schla-ge eines Marek: chaotisch, vulgär und in seinen Fällen, die ihm Helmut Zenker in seinen jeweiligen Darstellern (Peter Vogel, Franz Buchrieser, Lukas Resetarits) auf den Leib schrieb seiner Zeit um Jahrzehnte voraus - abgedrehte Gangster-Melodramen, trocken-ironische Bullen-Pastiches oder skurrile Milieustudien im Stil des Boulevardfernsehens, das erst mehr als zehn Jahre später über uns hereinbrechen sollte.

    Der ultimative Klassiker aus den siebzigern ist und wird aber immer "Derrick" sein, gestartet 1974, als aus dem Willy-Brandt-Land das Helmut-Schmidt Land wurde, und seitdem mit 281 Folgen bis Ende 1998 im Programm. Derrick alias Horst Tappert (oder umgekehrt, so genau weiß man es nicht), übernahm vom "Kommissar" nicht nur Herbert Reinecker als Drehbuchautor, sondern auch Fritz Wepper als Harry Klein und führte uns sicher bis fast ans Ende des Jahrhunderts - er begleitete den Übergang von Helmut-Schmidt-Land zu Helmut Kohl-Land und war sicherer Indikator für alle modischen Verirrungen seiner Zeit: Derrick trug Brillen mit verlaufsgetönten Tropfengläsern, die heute noch nicht einmal mehr an Kassenpatien-ten ausgegeben werden; er geisterte jahrelang in einem unförmigen Ledermantel durch die Szenen, in dem er wie ein MIR-Kosmonaut wirkte, und anhand der Breite der Revers' von Harrys Jacketts und der Farbe seiner Hemden kann man zielsicher das Produktionsjahr jeder Folge ermitteln. Überhaupt gibt es auch einige Theorien, daß es niemals die beiden Serien "Der Kommissar" und "Derrick" gab, sondern nur eine einzige, nämlich "Harry Klein". Nomen est omen? Harry, der Kleinbürger, der Mann aus der zweiten Reihe, treuer Telefonhörerabnehmer ("Für dich, Stephan!") und Türenöffner ("Komm, Stephan!"), eine Ikone der Pflichterfüllung und Selbstver-leugnung, dessen Altern wir über fast dreißig Jahre verfolgen konn-ten. Harry Klein, der deutscheste unter allen Kommissaren: der ewi-ge Beamte.

*** E N D E ***

Zuerst erschienen in:
Nina Schindler (Hsrgb.)
Die Flimmerkiste- Ein Fernseh-Kultbuch
Hildesheim: Gerstenberg Verlag, 1999


Der Autor:
Reinhard Jahn, Jahrgang 1955, lebt seit 1960 im Ruhrgebiet, trägt noch keine Gleitsichtbrille und arbeitet unter seinem Pseudonym H.P. Karr als Krimi-Autor. Neben Romanen und Hörspielen veröffentlichte er im Internet auch das "Lexikon der deutschen Krimi-Autoren", in dem man weitere Informationen über die erwähnten Autoren und Serien findet:
http://www.krimilexikon.de

T R U E S T O R I E S - erzählen wir Geschichten

Reinhard Jahn:
T R U E   S T O R I E S
(1998)

Gut, erzählen wir Geschichten

Lagerfeuergeschichten, Klatschgeschichten, Gruselgeschichten. Und wenn uns keine neuen Geschichten einfallen, erzählen wir einfach die alten Geschichten neu.
Machen wir aus der ANTIGONE ein Primetime-TV-Movie: "Schicksalsstunden einer Königstochter"
Und aus der MEDEA: "Wenn Mütter töten"

Gestaltet nach Tatsachen, nur Namen und Orte wurden verändert, um Unbeteiligte zu schützen.
Geschichten fesseln, weil sie von Menschen erzählen; sie fesseln, weil sie wirklich und tatsächlich scheinen.
Wenn wir Geschichten erzählen wollen, müssen wir uns fragen: Kann das geschehen? Sind diese Entwicklungen und jene Entscheidungen durch unsere Erfahrungen gedeckt?
Haben wir vielleicht Beispiele, bei denen es so oder so ähnlich gewesen ist?
Geschichten haben aber auch noch mehr: sie paraphrasieren einen Zustand, erzählen auch von Träumen, Wünschen oder Ängsten. Sie erzählen davon, wie ein Mann allein gegen eine Terroristentruppe antritt, die ein Hochhaus besetzt hat - und sie am Ende besiegt.
Sie erzählen von einem Roboter, der aus der Zukunft kommt, um seinen zukünftigen Gegner zu töten - und dabei erkennt, daß er damit seine eigene Existenz aufs Spiel setzt.
Geschichten erzählen, wie es uns im Augenblick geht.

Geschichten werden uns in der multimedialen Welt überall erzählt - nicht nur im klassischen Buch als Roman, als Erzählung, als Shortstory. Sie werden uns in Zeitungen und Zeitschriften erzählt: als Reportage, als Klatsch und Tratsch aus adeligen Häusern, als Homestory oder als Portrait. Der Rundfunk erzählt uns Geschichten nicht nur im Hörspiel, sondern auch in seinen journalistischen Sparten: dem Feature, der Reportage und dem Live-Bericht.
Geschichten werden auf CD-Roms erzählt, als Abenteuerspiele über kleine Klempner mit knubbeligen Nasen oder Raumschiffkommandanten, die schwierige Missionen zu erfüllen haben.
Geschichten werden uns im Kino erzählt, große und kleine Geschichten zum Lachen oder Weinen, so sentimental, daß wir unsere Taschentücher zücken oder so spannend, daß wir auf der Kante unseres Kinositzes herumrutschen.

Und natürlich werden Geschichten vom größten Geschichtenerzähler aller Zeiten erzählt: dem Fernsehen. Das Fernsehen erzählt Geschichten, indem es teilweise so tut, als ließe es die Menschen ihre Geschichten selbst erzählen: als Gäste bei Hans Meiser, Ilona oder Fliege, die als Hohepriester der Geschichtenmaschine das Gespräch am virtuellen Lagerfeuer zelebrieren.

Und auch die Journalisten im Fernsehen erzählen uns Geschichten. Geschichten, die EXPLOSIV sind, BRISANT oder TAFF. Es sind Geschichten von Reisenden, die aus fernen Ländern zurückkehren und uns von unglaublichen, sensationellen, nie dagewesenen Vorfällen berichten. Es sind Moritaten, die uns von Menschen berichten, die ungewöhnliche Dinge getan haben, die seltene Krankheiten haben, mit denen sie leben oder die gewöhnliche Krankheiten haben, an denen sie sterben. Als elektronischer Bänkelsänger bringt uns das Fernsehen Geschichten zuhauf ins Haus, große und kleine, traurige und lustige; Geschichten, die uns berühren oder mit Abscheu erfüllen, aber immer Geschichten, die uns nicht gleichgültig lassen.

Die Welt ist also voller Geschichten - Geschichten sind eine Handelsware, die verkauft, verwertet, archiviert und weiterverarbeitet wird. Auf diesen Punkt wird im zweiten Teil dieses Vortrages noch einzugehen sein: wie und auf welchen virtuellen Marktplätzen die Geschichten unserer Zeit gehandelt werden.

Aber zunächst zurück zu den Geschichten, die uns interessieren, die uns anrühren und uns in Spannung versetzen.
Zu den Geschichten die von je her die meisten von uns interessieren, gehören Kriminalgeschichten. Kriminalgeschichten handeln von Mord und Totschlag, vom Bösen in der Welt und wie es (meist) vom Guten besiegt wird. Es gibt sie in hundert- tausend- millionenfacher Zubereitung und Aufmachung in allen Medien. Sie kommen als Zeitungsnachricht oder Prozeßbericht daher, sie gehören zum festen Repertoire der Fernseh-Boulevardmagazine und sie sind seit den Ritter- und Schauerromanen, seit den gothic novels und den Kolportageromanen aus der Anfangszeit des Zeitungswesen nicht mehr aus unserem alltäglichen Geschichtenumfeld wegzudenken.

Ich schreibe seit knapp 20 Jahren Kriminalgeschichten, große und kleine, als Zeitungs und Zeitschriftenstory, als Hörspiel und als Roman. Ich schreibe sie teilweise allein und teilweise gemeinsam mit einem Co-Autor oder einer Co-Autorin. Wenn es jetzt im folgenden darum geht, wie Krimis geschrieben werden, dann sollte alles, was über die Entstehung dieser Geschichten gesagt wird, als Werkstattbericht verstanden werden, als persönliche Erfahrung, die vielleicht nicht immer zu verallgemeinern ist.

Krimis sind Genregeschichten, genau wie Western- oder Zukunftsgeschichten. Genres haben Regeln und Grenzen, Genres entwickeln Sub-Genres - Spielarten von kürzerer oder längerer Halbwertszeit - und Genres leben von einer engen Beziehung zwischen den Autoren und ihren Lesern. Die großen Markierungspunkte des Krimi-Genres sind Autoren wie Edgar Allen Poe, Agatha Christie und die anderen der "klassischen englischen Schule", und schließlich Raymond Chandler und Dashiell Hammett. Marksteine der letzten Jahrzehnte wurden von Georges Simenon, Eric Ambler, Ed McBain, Patricia Highsmith, Andrew Vachss und James Ellroy gesetzt.
Daß in dieser Aufzählung, in der natürlich viele andere Namen fehlen, außer dem Belgier George Simenon nur angelsächsische Autorinnen und Autoren auftauchen, ist für den Krimi-Liebhaber selbstverständlich. Der Krimi ist ein angelsächsisches Genre, auch wenn in der deutschen Literaturwissenschaft mitunter "Die Judenbuche" von Annette von Droste-Hülshoff, "Unterm Birnbaum" von Theodor Fontane und einige andere Beispiele als Beleg für die frühzeitige Existenz einer deutschen Kriminalliteratur herangezogen werden.

Einen "deutschen Krimi" als anerkannten Zweig des internationalen Krimi-Netzwerkes gibt es erst seit knapp 30 Jahren, seit etwa 1968, als die ersten Romane von -ky, Michael Molsner und Friedhelm Werremeier erschienen. Dieser "neue deutsche Krimi", der hier absichtlich nicht mit dem gängigen Begriff "Soziokrimi" bezeichnet wird, bezog nach einer langen Zeit des reinen Nachschreibens angelsächsischer Vorbilder zum ersten Mal die deutsche Wirklichkeit in seine Geschichten ein.
Außerdem war mit den Autoren des "neuen deutschen Krimis" ein Generationswechsel unter den Krimi-Autoren verbunden - auch wenn einzelne Vertreter des "alten deutschen Krimis" wie etwa "Derrick"-Erfinder Herbert Reinecker noch bis heute weiterschreiben.
Die Autoren des neuen deutschen Krimis kamen, was ihren schreiberischen Werdegang anging, nicht von der literarischen Seite, sondern häufig vom Journalismus (wie die beiden Kriminalreporter Werremeier und Molsner) oder sie kamen aus dem Tagesgeschäft der Gebrauchsliteratur. Sie hatten Reportagen und Romanhefte geschrieben (wie -ky und Molsner) oder sie waren in der Werbung tätig gewesen (wie Irene Rodrian).
Was der neue deutsche Krimi noch zur Initialzündung brauchte, war ein Partner auf der Verlagsseite, der sich ernsthaft mit dem Genre auseinandersetzte, das gerade in den Wirtschaftswunderjahren auch häufig Zielscheibe der Schmutz- und Schundkampagnen konservativer und kirchlicher Kreise gewesen war. Diesen Partner fanden die erwähnten Autoren und danach noch viele andere in Richard K. Flesch, dem damaligen Lektor der thriller-Reihe im Rowohlt-Taschenbuch-Verlag.

Wer auch immer heute in Deutschland Krimis schreibt (und aus den alten Bundesländern stammt), bezieht sich in der einen oder anderen Weise auf diese ersten Autoren des neuen deutschen Krimis: egal ob er ihre Tradition fortsetzt oder sich daran reibt.
Das Genre hat sich inzwischen weiterentwickelt, es hat einen sogenannten Boom erlebt und stagniert heute - nach der deutschen Wiedervereinigung - auf hohem Niveau: jedes Jahr erscheinen rund 200 neue Kriminalromane von deutschsprachigen Autorinnen und Autoren, und jeweils rund 500 Übersetzungen, meist aus dem angelsächsischen Raum. Dazu kommen viele remakes - Neuveröffentlichungen bereits erschienener Titel, mit denen die Backlist gepflegt wird.

Kriminalromane werden von den Lesern als realistische Literatur angesehen, eine Einschätzung, die sie mit den Autoren teilen.
Kriminalromane leben zu einem großen Teil von der genauen Darstellung ihrer sozialen und geographischen Milieus. Wer Kriminalromane liest, so eine These, möchte etwas über die Welt erfahren, in der er lebt. Und wer Kriminalromane schreibt, möchte etwas von der Welt erzählen: glaubhaft, nachvollziehbar und spannend. Denn einer der Grundsätze des Genres heißt: Du sollst nicht langweilig sein.

Wie entsteht also in diesem Rahmen eine Geschichte, wie wird sie gefunden, erarbeitet und erzählt?

Das ist der Punkt, um endgültig auf die eigene Arbeit zu sprechen zu kommen. Am Anfang eines jeden Krimis, egal ob kurz oder lang, ob Hörspiel oder Roman, steht eine Geschichte und die Personen, die sie erleben. Daß die Geschichten auf der Straße liegen, ist ein ebenso gern gebrauchter Allgemeinplatz wie die Auffassung, daß man aus jeder Zeitungsmeldung über ein Verbrechen einen Krimi machen könne. Beides ist, wie alle Allgemeinplätze, nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig, es ist eben nur viel zu allgemein formuliert. Wenn man nicht einen Dokumentar- oder Reortageroman schreiben möchte - ein Genre, das sich als TRUE CRIME in den angelsächsischen Ländern großer Beliebtheit erfreut und sich hierzulande wegen anderer gesetzlicher Grundlagen nicht entwickeln kann - wenn man also die Wirklichkeit nicht journalistisch-literarisch nachgestalten möchte, so ist die Zeitungsmeldung oder der Gerichtsbericht stets nur Anreger und Kristallisationspunkt für eine Geschichte, die vom Autor entwickelt wird: zwar stets mit Blick auf die Wirklichkeit, aber nicht als ihre Blaupause.

Wie wir alle bewegen sich auch Autoren in einem Umfeld aus großen und kleinen Geschichten - dazu gehört der Klatsch und Tratsch im Treppenhaus und im Freundeskreis genauso wie die Meldung in der Zeitung, der Bericht im Fernsehen oder die große Reportage in einem Nachrichtenmagazin. In diesem ständig fließenden Strom von Geschichten gibt es immer wieder einzelne, die sich im Gedächtnis festsetzen, weil sie einen besonderen appeal haben. Einen appeal, der zum Weiterdenken anregt, einen appeal, der Neugier erzeugt. Wie etwa die Frage: Was sind das für Menschen, denen dies oder das zugestoßen ist? Wie konnten sie in diese Lage kommen oder wie sind sie mit der Situation fertiggeworden, in die sie geraten sind?
    Eine solche kleine Geschichte ist aber noch lange keine Grundlage für eine Story, geschweige denn für einen Roman. Erst einmal koppelt sich im Bewußtsein des Autors die reale, die wirkliche Geschichte der wirklichen Menschen ein Stück weit von der Wirklichkeit ab. Sie wird zu einer Idee. Zu dieser Idee, die in der nächsten Phase dann zu einem plot wird, dem Handlungsentwurf, gehören die Charaktere, von denen die Geschichte erlebt wird ebenso wie die grundlegenden erzählerischen und dramaturgischen Elemente der Präsentation. Ist es eine Geschichte, die sich als Komödie erzählen läßt? Oder ist es eine Geschichte, zu der eher die düstere Stimmung eines film noir paßt? Oder ist es eine Geschichte, die sich sowohl in der einen als auch der anderen Form erzählen ließe - und wenn ja, welche Form ist dann die, die einen als Autor am meisten reizt?
Die Form, von der man meint, daß sie dem Stoff am adäquatesten ist.

Als ich vor einigen Jahren gemeinsam mit meinem Co-Autor und Kollegen Walter Wehner die Idee für eine Geschichte um einen freien Videokameramann hatte, waren diese Punkte die ersten, die entschieden werden mußten. Von der Figur des "Videogeiers" Gonzo Gonschorek, der bis heute drei Romane und viele Kurzgeschichten bestritten hat und hoffentlich demnächst auch in einigen Hörspielen auftreten wird, gab es seinerzeit nur ein schattenhaftes Bild: das eines Menschen, der weitgehend auf sich allein gestellt für das Boulevardfernsehen arbeitet. Auslöser und Ideen-Kern für die Figur waren Kameraleute, die wir kennengelernt hatten. Also lag bei der weiteren Ausgestaltung der Figur die Orientierung an den realen Vorbildern für diese Figur nahe, allein schon, um in Dingen des Arbeitsalltages und des Milieus nicht fehlerhafte - also nicht durch die Wirklichkeit gedeckte - Beschreibungen abzuliefern. Da gab es also diese freien Kameramänner, einige jung und cool, pragmatisch, aber als Figur nach unserem Geschmack zu farblos. Es gab auch einige Originale mit extremen Lebensumständen und Lebensgeschichten, die uns schon geeigneter vorkamen.
Auf der anderen - der literarischen - Seite gab es wiederum die Entwürfe der bekannten Heldenfiguren, an denen sich jeder, der in einem Genre schreibt, wahrscheinlich (und richtigerweise) automatisch orientiert: Helden wie den einsamen und gerechten Philip Marlowe, den zynischen Sam Spade. Helden wie den Replikantenjäger Deckard aus dem „Blade Runner" und Heldentypen wie den, den Lino Ventura in vielen Kinothrillern verkörpert hat. Diese Zusammenstellung von Vorbildern entstammt ganz allein der persönlichen Vorliebe der Autoren.

Nach und nach flossen so Einzelheiten aus beiden Bereichen zusammen zum Entwurf eines Protagonisten, der uns interessant genug erschien, um im Mittelpunkt einer Shortstory zu stehen, und der auch das Potential mitbrachte, später größere Geschichten, also einen Roman, zu tragen. Viele Details formten beim Figurenpuzzle im Lauf der Zeit ein immer schärferes Bild unseres Protagonisten: ein kantiger, ruppiger Kerl von Anfang bis Mitte vierzig, beruflich ein paarmal gescheitert und wieder auf die Beine gekommen. Jemand, der für und mit seinem Job auf Kosten seines Privatlebens lebt. Ein Einzelgänger.

Jeder deutlicher die Figur Gestalt annahm, desto häufiger ergaben sich auch kleine Ansatzpunkte für Geschichten, die diese Figur möglicherweise erleben konnte, Mini-plots, manchmal auch nur Situationen, in denen sich typische Verhaltensweisen des Charakters "Gonzo" Gonschorek zeigten. Alles wiederum neue Puzzlestücke, die später ihren Platz in den Geschichten finden sollten - jeweils in der richtigen Kombination mit den anderen Elementen der jeweiligen Geschichte: den Nebenfiguren und den Milieus, dem plot und den verschiedenen Spannungsbögen.

Es war also Zeit für einen ersten Testlauf, um zu überprüfen, ob das Gedankenprodukt, das bisher nur als dreiseitiger fiktiver Lebenslauf und  in Form von zahllosen Ideenfetzen existierte, sich auch in so einer Geschichte zurechtfand, sich darin darstellen ließ. Die Teststrecke, auf die wir Gonzo Gonschorek in den nächsten beiden Jahren schickten, waren Shortstories und Erzählungen, in denen er es mit kleinen oder mittleren plots zu tun bekam und in denen sich auch der Erzählton festigte, in dem wir als Autoren von den Abenteuern unseres Helden berichten konnten. Auf dieser Teststrecke lernte die Figur sprechen, entwickelte in seinen Dialogen seinen ganz eigenen Tonfall, mit dem man die Figur wiederum ohne großen erzählerischen Bei-Text charakterisieren konnte.

Bei der Arbeit an den ersten Geschichten fügten sich zu den vorhandenen Details neue hinzu, die im Erzählfluß entstanden: Gonzos Wohnung, seine Arbeitsumgebung in der Redaktion eines regionalen Fernsehmagazines, seine Beziehung zu seiner Kamera, die er "Suzie" nannte. Es entstanden auch aus ersten beiläufigen Erwähnungen Nebenfiguren wie Gonzos Gegenpart bei der Polizei, ein Hauptkommissar der Videodokumentationseinheit, sowie auch einige Reporter und Reporterinnen, mit und für die Gonzo bei seinen ersten Auftritten arbeitete.

Bei der Arbeit an den Stories wurde auch immer wieder Nachrecherchen fällig, Informationsbeschaffung zu Themen wie Videotechnik und Redaktionsalltag, Polizeiarbeit und immer wieder Milieu- und Schauplatzüberprüfungen. Das Gebot einer realistischen Erzählung, wie sie der Krimi-Leser in der Regel von einer Geschichte erwartet, führte immer wieder zu den Fragen: Wäre der geschilderte plot in der Wirklichkeit möglich? Entsprechen die dargestellten Handlungen und Milieus den wirklichen Umständen? Wobei der Anspruch einer literarisch geschilderten Realität in unseren Augen ein anderer ist als der einer journalistischen. Während bei einer Reportage, einem Bericht, Wirklichkeit primär nach den vorgefundenen Fakten beschrieben wird, erzeugt eine fiktive Form wie eine Kriminalgeschichte ihren Eindruck von Wirklichkeit auf dem Fundament einer ganzen Reihe von nachvollziehbaren Wirklichkeitspartikeln, in denen die "erfundene" Handlung verankert wird.

So sind in den Gonzo-Geschichten Straßennamen und Stadtteile real, bekannte Örtlichkeiten wie Bahnhöfe oder Rathäuser liefern die Schauplätze der Handlung. Auf dieses "reale" Fundament wird die eigens für die Geschichte entwickelte - nennen wir sie "halbreale" Wirklichkeit gesetzt - wie beispielsweise ein privater Wachdienst im Hauptbahnhof, der in der von uns geschilderten Form nicht existiert, sich aber in seiner Struktur an realen Wachdiensten orientiert. Oder die Redaktion des Regionalmagazins und das Magazin überhaupt, für das unser Held arbeitet. Beides existiert in der Wirklichkeit nicht, ist aber nach realen Vorbildern gestaltet. So wird beim Entwickeln und Schreiben einer jeden Geschichte die Frage "Könnte es so sein?" zum Leitgedanken.

Nach den ersten Auftritten unserer Figur "Gonzo" Gonschorek in Shortstories von zehn bis zwanzig Seiten Länge war uns schnell klar, daß in der Konstruktion der Geschichten und des Charakters in der Tat auch das Potential für einen Roman steckte. In einer solchen "großen" Geschichte würde es mehr Raum zur Differenzierung des Hauptcharakters geben, mehr Raum für Milieus und Atmosphären, die in der kurzen Form stets nur angerissen werden konnten.

Zugleich stellten aber auch der erste und die folgenden "Gonzo"-Romane neue Anforderungen: Nebenfiguren, unterstützende Charaktere - wie beispielsweise Gonzos Assistentin - mußten entwickelt werden, bestehende Nebenfiguren wie Gonzos Freund bei der Polizei verlangten nach genauerer Ausgestaltung. Auf diese Art und Weise ist inzwischen in drei Romanen ein "Gonzo"-Universum aus Schauplätzen und Figuren entstanden, das in der Phantasie der Autoren gleichsam neben der Wirklichkeit existiert, ein Konglomerat aus Wirklichkeitspartikeln, Fiktion und Rechercheergebnissen, das die Grundlage für weitere Geschichten liefert und bis heute mit jeder weiteren Geschichte wächst.

Daß es ausgerechnet eine Figur aus dem Bereich der Medien war, die uns als Autoren derart faszinierte, daß wir bis heute bereits einen beträchtlichen Teil unserer Lebenszeit darauf verwendet haben, sie zu beschreiben, sie zu gestalten und von ihr zu erzählen, ist wahrscheinlich kein Zufall: So hat ein Rezensent einmal in einer Besprechung des "Geierfrühling" die Position unseres Videogeiers "Gonzo" Gonschorek mit der eines freien Schriftstellers verglichen und die These aufgestellt, sowohl der eine als auch der andere seien ständig auf der Jagd nach Geschichten, seien den gleichen medialen Verwertungsmechanismen unterworfen. So gesehen wären die Gonzo-Romane im weitesten Sinne Erzählungen über die Autoren selbst, über ihre ständige Suche nach Geschichten, ihre Aufbereitung und Vermarktung. Eine Deutung, die ich an dieser Stelle weder weiter ausführen noch kommentieren, ihr aber auch nicht widersprechen möchte.

Kein Zufall wahrscheinlich auch, daß die Leserschaft unseren Entwurf einer Figur und ihrer Geschichten mit Interesse und - wie wir hoffen - natürlich auch mit großer Spannung und Vergnügen aufgenommen hat. Was Leser an den Gonzo-Geschichten schätzen, ist wahrscheinlich zunächst einmal ein gewisses Traditionsbewußtsein in Entwurf und Erzählung. Krimi-Leser sind, wie bereits gesagt, nicht nur treue, sondern auch in Genre-Fragen sehr gebildete Leser. Sie kennen die wichtigsten Entwicklungslinien der Gattung, haben ihre Vorlieben und Abneigungen um Lauf der Zeit herausgebildet und sind ständig auf der Suche nach etwas neuem. Krimi-Leser, so ein Eindruck, der nicht nur auf persönlichen Erfahrungen beruht, sondern auch von Kollegen immer wieder bestätigt wird - sind darüberhinaus auch recht tolerant und neugierig. Sie bilden ein "fandom", eine Gemeinde von Interessierten und Informierten, eine Gemeinde von afficionados, wie der bereits einmal erwähnte Richard K. Flesch sie liebevoll genannt hat. Krimi-Leser sind darüber hinaus treue Leser, die, haben sie erst einmal einen Autor entdeckt, dessen Figuren und dessen Erzählton sie mögen - dazu neigen, möglichst alles von diesem Autor zu lesen und mit einer gesunden Mischung aus wohlwollender Zuneigung und Kritik die Entwicklung von Autor und Serie zu verfolgen.

Krimi-Serien, also Romane mit ein und derselben Hauptfigur oder dem immergleichen Grund-Ensemble an Figuren, gehören dabei seit den Anfängen im vergangenen Jahrhundert zum Standard des Genres. Krimi-Charaktere wie Sherlock Holmes und Doktor Watson, Figuren wie Hercule Poirot, Miss Marple, Philip Marlowe oder Kommissar Maigret sind so populär, daß sie zum Allgemeingut und zum Allgemeinwissen gehören. Serienabenteuer haben das Publikum gefesselt, seit es Kolportage- und Feuilletonromane gibt, serielle Abenteuer sind auch das Grundprinzip jedes Fernsehprogrammes. Die allgegenwärtige Geschichtenmaschine serialisiert sogar Geschichten, die ursprünglich von ihrem Autor oder ihrer Autorin nicht als Serie gedacht waren. Es entstehen Mini-Serien nach Romanvorlagen, Fernsehserien unter Verwendung von Romanfiguren und - quasi im Gegenzug - Romane nach Fernsehserien. Eine Serie im multimedialen Umfeld zu etablieren bedeutet heutzutage, die Gesetze und Regeln medialen Geschichtenerzählens zu beherrschen und anzuwenden und - zumindest ebenso wichtig - die Gesetzmäßigkeiten medialer Verwertungen zu kennen, sich auf dem Marktplatz der Geschichten mit seinen Angeboten richtig zu plazieren.

Je mehr das Fernsehen mit seiner sequentiellen, voranstrebenden Methode des Geschichten-Erzählens zu einem Primärmedium wird, desto deutlicher beeinflußt es mit seiner Dramaturgie die Produkte anderer Medien. Das gilt nicht nur für die aktuellen Blockbuster- und Beststelleromane vorwiegend amerikanischer Herkunft, sondern auch für die meisten deutschen Krimis (und nicht nur diese). Geschichten nach den Maßstäben des Fernsehen oder des Kinos, als nach den Gesetzen einer optischen Erzählung zu präsentieren, heißt: deutlich in Szenen denken, Handlungen in einer Abfolge von Dialogen und Aktionssequenzen entwickeln und Spannungsbögen nach den Regeln des Drei- oder Fünfakters zu gestalten. Daß die meisten Autoren des deutschen Kriminalromans damit keine Probleme haben, liegt unter anderem daran, daß viele von ihnen zumindest bi-medial, einige sogar tri-medial zu arbeiten gewohnt sind. Sie haben die Gesetze des Fernseh-Erzählens bei ihrer Sozialisiation erlernt und während ihrer beruflichen Tätigkeit perfektioniert. Kaum einer dieser Autorer wird auf Instrumente wie den "inneren Monolog", den "stream of consciesness" oder die "Rückblende" verfallen, wenn er eine Kriminalgeschichte schreibt. Statt dessen gelten die Grundsätze: schnelle Szenen, prägnante Dialoge, vorwärtsstrebende Aktion und die schlußendliche Auflösung des Konfliktes in einem showdown.

Hat eine Geschichte all diese Eigenschaften, hat sie auch einen guten Start auf dem Markt der Geschichten, auf dem Stoffe und Ideen, Entwürfe und ganze Produkte zwischen den einzelnen Medien gehandelt werden.

Spätestens nach dem Erscheinen des zweiten Gonzo-Romanes war damit auch der Moment gekommen, mit diesem Entwurf den Markplatz für Geschichten zu betreten. Das Konzept - fernsehtechnisch ausgedrückt das "Format" war ausreichend umrissen, die Grundbedingung zur Serialisierung über das Medium des gedruckten Wortes hinaus damit gegeben. Die ersten Kontakte zu den professionellen Serialisierern ließen folgerichtig dann auch nicht auf sich warten, es wurden "Rechte" gehandelt, Optionen eingeräumt und andere Autoren hinzugezogen, um die bisher veröffentlichten Stoffe adäquat in das Medium Fernsehen zu übertragen.

Neben diesen Bestrebungen einer intermedialen Serialisierung gab es auch den starken Wunsch des Buchverlages nach einer Fortsetzung der "Gonzo"-Serie im Romanbereich. Die mit den Namen von Jahreszeiten versehenen Romane - "Geierfrühling" und "Rattensommer" ließen ja bereits die Vermutung zu, daß es auch eine Geschichte über den Herbst und eine über den Winter geben würde (oder müßte). Im Hinblick auf die langen Produktionszyklen im Buch- und Medienmarkt, in dem ein Projekt im Schnitt ein bis zwei Jahre bis zur Veröffentlichung braucht, wurden zu diesem Zeitpunkt uns als Autoren bereits Verträge offeriert und Vereinbarungen angeboten, die sich auf Geschichten bezogen, die noch nicht geschrieben waren. Und es wurden, in den wenigen Fällen, in denen wir solche Vereinbarungen eingingen, bereits diese noch nicht geschriebenen Geschichten auf dem Medienmarkt offeriert und weiterverkauft - als Taschenbuchlizenz oder Fernsehoption.

Neben der Vermarktung durch den Buchverlag, auf die ein Autor wegen der Vereinbarungen im Verlagsvertrag keinen großen Einfluß hat, besteht für einen Autor selbst noch die Möglichkeit, eine Serialisierung in eigener Regie zu betreiben. Das Autorenteam Karr & Wehner versucht dies durch Kurzgeschichten mit der inzwischen etablierten "Gonzo"-Figur, die häufig auch Vorstufen von späteren Romanen sind, oder - wie im Augenblick - durch Hörspiele, mit denen dieser Charakter und dieses "Format" im Hörfunk etabliert werden können.

Wenn also - um damit auf den Titel dieser Veranstaltungsreihe zurückzukommen - von einer "Renaissance des Erzählens" zu sprechen ist, dann kann damit nur das multimediale Erzählen gemeint sein: das Einführen einer Geschichte auf dem großen Marktplatz der Geschichten.
Erzählen wir also weiterhin Geschichten: Lagerfeuergeschichten, Abenteuergeschichten, Liebesgeschichten und Kriminalgeschichten. Erfassen wir auch in Zukunft die Welt um uns herum, nehmen wir sie als groben Entwurf, als Projektionsfläche für unsere Geschichten. Verschärfen wir durch unseren erzählerischen Blick auf diese Welt die Perspektiven, versuchen wir dadurch, die Konturen herauszuarbeiten, die uns wichtig und wesentlich erscheinen.
Und - vor allem - erzählen wir die Geschichten immer so, daß sie nie langweilig sind.

Vortrag, gehalten 1998
an der Gerhard Mercator Universität Duisburg
Reihe "Poetikvorlesungen und Vorträge zum Erzählen in den 90er Jahren"

Druckveröffentlichung in:
Gerd Herholz (Hg): Experiment Wirklichkeit - Renaissance des Erzählens
Essen: Klartext  1998


Bibliographie der "Gonzo"-Stories 1993 - 1997:

-Laubenbrand, Story, In: Ard, Leo P. (Hg): Der Mörder ist immer der Gärtner, Dortmund, 1993
-Happy birthday, Führer!, Story, In: Ard, Leo P. (Hg): Der Mörder bläst die Kerzen aus, Dortmund 1993
-Scoop oder: Triumph des Willens, in: Ard, Leo P. (Hg): Der Mörder zieht die Turnschuh an, Dortmund 1993
-Merry Xmas, Gonzo!, in: Ard, Leo P. (Hg): Der Mörder packt die Rute aus, Dortmund 1993
-Ruhr-Connection oder: Die Wiege der Kohle, Story, in: Ard, Leo P. (Hg): Der Mörder bricht den Wanderstab, Dortmund 1994
-Das Gutachten, in: Ard, Leo P. (Hg): Der Mörder kommt auf Krankenschein, Dortmund 1994
-Operation Odysseus, in: -ky (Hg): Phantastische Wahrheiten über Dagobert, Berlin 1994
-Doppelblind, in: Ard, Leo P. (Hg): Der Mörder kommt auf sanften Pfoten, Dortmund 1995
-Schwarzland, Story, in: Ard, Leo P. (Hg): Der Mörder bittet zum Diktat, Dortmund 1995
-Gonzo con carne, Story, in: Eckert, Thilo (Hb): Der Rabe, Nr 24, Zürich 1995
-Borbeck-Connection, in: Ard, Leo P. (Hg) Der Mörder würgt den Motor ab, Dortmund 1996
-Operation Ludomil, in: Niemeyer, Patrick (Hg): Haffmans Krimi Jahresband 1996, München 1996
-Operation Studer, in: Ard, Leo P. (Hg): Der Mörder kennt die Satzung nicht, Dortmund 1997

1.9.11

Psycho-Thriller

Psycho-Thriller
sind Geschichten um die Verwicklungen von Menschen ins Verbrechen. Die Aufklärung steht weniger im Mittelpunkt als die Lösung der Verwicklung.

Psycho-Thriller reißen uns mit: mit dem Schicksal der Hauptperson. Sie stellen die Frage: wie würden ICH reagieren.
Psycho-Thriller spannend uns LESER natürlich auf die Folter:
Was ist überhaupt los?
Was passiert als nächstes?
Wie verhält sich unser Held? Unsere Heldin.

Besipielhafte klassische Psycho-Thriller sind:

Patrcia Highsmith: Zwei Fremde im Zug
Die Geschichte eines Mordes auf Gegenseitigkeit: Was würden Sie tun, wenn man Ihnen anbietet, Ihre ungeliebte Gattin umzubringen - wenn Sie dafür jemand anderen töten müssten.

Patricia Highsmith: Die gläserne Zelle
Philip Carter sitzt unschuldig im Gefängnis. Sein Anwalt kümmert sich um seine Frau und nicht um ihn. Wir werden Zeuge, wie Carter sich verändert - vom gutmütigen sorglosen Menschen zum berechnenden Zyniker. Er begeht im Gefängnis einen Mord - bliebt unenetdeckt und nach seiner Entlassung tötet er den Anwalt und einen lästigen Zeugen - und bringt damit sein leben wieder in ordnung.


Daphne DuMaurier: Rebecca
Mrs de Winter und ihr Gatte Maxim leben auf Manderley unter dem Schatten der verstorbenen ersten Mrs de Winter: Rebecca. Der Verdacht kommt schnell auf, dass bei Rebeccas Tod nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist - und als sich schließlich herausstelt, dass Maxim de Winter in der Tat die schöne Rebecca offenbar umgebracht hat, hilft seine zweite Frau Maxim gegen einen Erpresser...


Boileau/Narcejac: Die Teuflischen (Das Nebelspiel)
Fernand hat ein Verhältnis mit Lucienne - beide planen Fernands Frau umzubringen. Und so scheint es auch zu sein: Fernand sieht die Leiche seiner Frau - doch zwei Stunden ist die Tote verschwundne. Und alles scheint, als lebe sie wieter: Mitteilungen, Zeugen und so weiter. Welches Komplott steckt dahinter?