27.12.16

Stefan Winges
Ehrenfeld-Blues









Igor ist tot – allem Anschein nach mit seinem Karman Ghia tödlich verunglückt. Doch so recht glauben das seine Freunde, ganz besonders der Kneipier Max Cremer, nicht. Und tatsächlich tauchen Zweifel auf – bei der Sichtung von Igors Nachlass. Da gibt es eines Brief an seine Freunde, der sie zu einem alten Super-8-Film führt. Der wurde in den Siebzigern in Amsterdam aufgenommen und zeigte einen Raubüberfall auf eine Diamantenlieferung.
Und Igor war dabei. Jetzt scheint er den einen oder anderen Räuber von damals mit seinem Material unter Druck gesetzt zu haben. Das nimmt jedenfalls Max an, als einer der Diamantenräuber ermordet wird, kurz nachdem Max ihn aufgesucht hat.
Die klassische Geschichte von den Schatten der Vergangenheit, die zu einer tödlichen Verstrickung im Hier und Jetzt führen erzählt Stefan Winges auf hohem Niveau, voller subtiler Beobachtungen aus dem Alltag der alt gewordenen 75er und des Lebens i, Szene-Viertel Köln Ehrenfeld. Das ergibt alles in allem einen ganz und gar gelungenen Kriminalroman.
(Reinhard Jahn WDR5 Mordsberatung) Dezember 2016

Stefan Winges
Ehrenfeld-Blues
Köln: Emons, 2016

Anne Breckenridge
Engel der Themse

WDR5 Mordsberatung am 17.12.2016


London 1864, das Zeitalter Königin Victorias. Immer wieder verschwinden Kinder, man sagt, "die Schatten" hätten sie geholt. Auch Tom, der kleine Bruder von Gladys verschwindet eines Nachts in den nebeldunklen Gassen. Gladys muss sich allein durchbringen, sie stammt aus den ärmlichsten Verhältnissen und wächst in einem Arbeitshaus und bei Geschäftsleuten auf, an die sie ausgeliehen wird, um zu arbeiten.
Da hat es die 16-jährige Emma schon etwas besser getroffen – sie ist Küchenmädchen bei Lord Collingwood. Als dessen Sohn plötzlich verschwindet, wird die Polizei schlagartig aktiv - und verdächtig schnell Emma, etwas mit der Sache zu tun zu haben. Emma muss fliehen und trifft auf Gladys, die inzwischen ihren Bruder wiedergefunden hat - als kriminellen Straßenjungen.
Eine packend erzählte Geschichte zweier Mädchen, dazu die detailreiche Schilderung der Armut und des Lebens im London des 19. Jahrhunderts – das alles macht den Roman zu einem besondere Leseerlebnis. Dazu tragen besonders die beiden Heldinnen bei, die von Kindesbeinen an ums Leben und Überleben kämpfen müssen.
(Reinhard Jahn WDR5 Mordsberatung) Dezember 2016

Anne Breckenridge
Engel der Themse
Dryas

Tetsuya Honda:
Blutroter Tod: Reiko Himekawa ermittelt in Tokio




Reiko Himekawai ist Kriminalkommissarin in Tokio, bei der Keishi-cho, der Kripo. Und sie muss im Fall des Toten ermitteln, der über und über durch Glassplitter verletzt aufgefunden wurde. Und nur durch Zufall  weil Reiko sich gern mit dem Rechtsmediziner über seltsame Todesarten unterhält – wird eine weitere, ähnlich brutal misshandelte Leiche gefunden. Schnell ist klar, dass es sich hier um eine größere Serie von Morden handelt. Doch wie hängen die Taten zusammen? Die Opfer sind Angestellte in leitender Position, hoch effziente Arbeiter, bei denen es  dann aber vor kurzem einen seltsamen Leistungseinbruch gab. Aus dem sie mit scheinbar neuer, gößerer Kraft wieder hervorgegangen sind.

Was den Roman auszeichnet, ihn über die Masse ähnlicher Polizei- und Serienmordgeschichten hinushebt, ist das bunte, detailreich geschilderte Leben in Tokio und die genau beschriebene Arbeit der Mordkommission. Streng hierarchische Denken, eine latente Frauenfeindlichkeit und ein kleinkariertes Kompetenzgerangel lassen ein dichtes, eindringliches Bild vom Leben in der Millionen-Metropole entstehen.
(Reinhard Jahn, WDR5 Mordsberatung) Dezember 2016

Tetsuya Honda:
Blutroter Tod: Reiko Himekawa ermittelt in Tokio

Verlag: Fischer Taschenbuch, 24.11.2016,
Übersetzung: Irmengard Gabler,
ISBN: 9783596036660




15.12.16

Die Mordsberatung auf WDR5



Krimi-Kompetenz auf WDR5: Reinhard Jahn, Thomas Hackenberg
Ingrid Müller-Münch und Ulrich Noller (Bild: WDR)

Mörderische Landlust - Natur im Krimi
Zurück zur Natur – der aktuelle Krimitrend entdeckt das mörderische Potential von Land und Landschaft, Feld und Wald.

Die neuen spannenden Mordgeschichten spielen in der Betragne, den Highlands, dem australischen Outback – aber auch in Eifel und Allgäu. Die Natur als Partner der Ermittler oder als Gegner des Guten – Krimi goes Landlust. "Chief-Inspector" Thomas Hackenberg hat die WDR5-Krimiexperten Ulrich Noller (KrimiZEIT-Bestenliste), Reinhard Jahn (Bochumer Krimiarchiv) und die Journalistin Ingrid Müller-Münch in den Kleinen Sendesaal des WDR eingeladen, um mit ihnen über die kriminelle Liebe zur Natur zu sprechen. Und natürlich gibt das Krimi-Kompetenzteam auch wieder seine Top-Geschenk-Empfehlungen und beantwortet Fragen aus dem Publikum.
Die telefonische Mord(s)beratung | 17. Dezember 2016, 21.05 Uhr | WDR 5
Redaktion: Petra Brandl-Kirsch
Mörderische Landlust - Natur im Krimi


Zur Erinnerung: (ohne Gewähr)
Die erste Mordsberatung ever:
24.06.2000 ab 20.05 Uhr im WDR5, mit Manfred Sarrazin und Reinhard Jahn, Moderation: Barbara Kowallek

Und dann die zweite: am 7.7.2001,  um 20.05 Uhr im WDR5, mit Manfred Sarrazin, Reinhard Jahn und Anka Zink, Moderation: Thomas Hackenberg

Aber jetzt zu der aktuellen Sendung:
 

Krimi auf dem Land – wie soll das gehen?
Kriminalliteratur ist doch eine Literatur der Stadt, der Großstadt. Hier wird von den Verbrechen erzählt, die Menschen begehen, die auf engstem Raum zusammenleben. Es werden gesellschaftliche und politische Strukturen als Hintergrund verwendet, wie man sie nur in Städten findet.
Auf dem Land hingegen leben Menschen in kleinen sozialen Verbänden, vielleicht auch allein und dort im Kampf (oder Koexistenz) mit der Natur. Wenig Raum für eine Kriminalhandlung also. Oder doch?

Der Ethno-Krimi:
Geschichten die das Leben von und in Naturvölkern als Hintergrund verwendne oder thematsieren. Wie etwa
Arthur W. Upfield, der den Inpektor Napoleon Bonaparte schuf, einen australischen Polizisten, der von der Herkunft her Aborigini ist. (siehe Australien-Sendung)

Tony Hillerman (1925 – 2008)  – der die beiden   -Ermittler Jim Chee und Joe Leaphorn von der Navajo Tribal Police schuf, die in New Mexiko und Arizona ermitteln. Etwa in "Die Nacht des Skinwalkers" (1986)

Stan Jones: Gefrorene Sonne
Alaska, am Rande des Permafrost, in Chukchi, einer Siedlung, in der städtisches Leben und Gebräuche der der Ureinwohner aufeinandertreffen. Nathan Active ist Polizist in Chukchi, ein State Trooper, der hier in der Grenzwelt zwischen Weißen und Inupiaq genau richtig ist - Sohn einer Eskimo-Mutter aufgewachsen bei Pflegeeltern in der Stadt, jetzt wieder im land seiner Väter - als Vertreter des Gesetzes.
Ein äußerst intensiver Roman, Krimi und Psychogramm in einem, voller bunter, eindringlicher atmosphärischer Schilderungen vom Leben in Alaska am Rande des ewigen Eises.
Jaron Palmer hat eine Frage, einen Auftrag für Nathan: Der Prediger aus Chukchi bittet Active, seine Tochter zu suchen: Grace. Die ehemalige Schul-Schönheitskönigin, die Ausreißerin, von der man zuletzt nur noch hörte, dass die im Rotlichtbezirk der nächsten Stadt gesehen wurde. Scham und Schande für die Familie. Aber Palmer senior möchte wissen, was mit seiner Tochter Grace los ist - und Nathan Active möchte helfen
mehr hier
1999 Weißer Himmel, schwarzes Eis
2008 Gefrorene Sonne
2003 Schamanenpass


Die Natur als Feind – im Thriller:
wie etwa in dem Klassiker "Der Schwarm" (2004) von Frank Schätzing, in dem sich Mikroorganismen der Ozeane zu einer intelligenten Lebensform ("Yrrr") entwickeln

Die Natur als Feind: CONGO / Expedition Kongo  (1980) von Michael Crichton
Es geht um eine Expedition auf der Suche nach Diamanten in dem Dschungel von Zaire. Neben der abenteuerreichen Expedition geht es auch um Menschenaffen, die sich im Dschungel in einer neuen Entwicklungsstufe zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen haben.



Die Natur als Feind – im klassischen Krimi
wie etwa in "Eisstation Zebra" von Alistair MacLean
Der Film vom 1968 verändert sie Romanhandlung stark – im Roman geht es deutlicher darum, in einer abgeschlossenen Gruppe (U-Boot) einen Verräter und Saboteur zu ermitteln:




Die Natur als Schauplatz:
Die Ranger-Serie von Nevada Barr (*1952). Die meisten ihrer 16 Romane um die Rangerin Anna Pigeon spielen in US-ameirkanishen National Parks. Die Beschreibungen der Landschaft und der Eigenheiten von Flora und Fauna gehören zu den Stärken Nevada Barrs.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nevada_Barr
Zum Beispiel:
1993 Track of the Cat (dt. Die Spur der Katze) spielt im Guadalupe Mountains Nationalpark
1994 A Superior Death (dt. Einer zuviel an Bord) spielt im Isle Royale Nationalpark
1995 Ill Wind (dt. Zeugen aus Stein) spielt im    Mesa Verde
Nationalpark
1996 Firestorm (dt. Feuersturm) spielt im Lassen Volcanic
Nationalpark

12.12.16

Kristina Ohlsson





Sympathische Schweden
Vor der Stockholmer Salomon-Schule wird eine Erzieherin erschossen, wenig später verschwinden zwei Schüler. Sie werden ermordet, man findet sie mit Papiertüten über den Köpfen, auf die ein "Gesicht" gemalt ist.  
Gehören die beiden Fälle zusammen? Das fragen sich die Kommissare Alex Recht und Fredrika Bergman in ihrer kleinen Sondereinheit. Ihre Recherchen führen sie zu der Legende vom "Papierjungen", einer Art Schwarzer Mann, von dem man sagt, dass er kommt und Kinder holt. Liegt hier die Erklärung für das bizarre Arrangement der toten Kinder? "Papierjunge" ist ein großer, opulent angelegter Schwedenkrimi mit allem, was dazu gehört. Alex Recht und Fredrika Bergman sind ein tolles Ermittlerteam, von dem wir auch gelgentlich Privates erfahren – und die, darauf legt Kristina Ohlsson wert, psychisch nicht so angeschlagen sind wie Mankells Wallander. Das tut dem Roman sehr gut – denn dadurch bleibt er ganz nah an dem packend erzählten Kriminalfall. ..rja
Einwandfreie Schwedenspannung
(fünf Sterne)
Kristina Ohlsson
Papierjunge
Limes, 576 Seiten

NRZ / WAZ / Funke-Medien 15.12.2016