23.8.15

Die telefonische Mord(s)beratung
Alles Gute Mrs Christie - Factsheet

Zum 125. Geburtstag der "Queen of Crime"
Das Krimi-Kompetenzteam der Mordsberatung erweist Agatha Christie, der Königin des klassischen Kriminalromans, seine Referenz.


Das Krimi-Kompetenzteam:
Reinhard Jahn, Thomas Hackenberg, Ingrid Müller-Münch, Ulrich Noller
Bild: WDR, mit freundlicher Genehmigung

Am 15. September 1890 wurde in Torquay Agatha Mary Clarissa Miller geboren, die als Agatha Christie weltberühmt wurde. In ihren mehr als 60 Kriminalromanen schuf sie den eleganten belgischen Detektiv Hercule Poirot und die bodenständige britische Rentnerin Miss Marple. Wie prägten sie und ihre Helden das Genre? Warum sollte auch heute noch jeder Krimifan mindestens einen Christie-Roman gelesen haben?

Die WDR5-Krimi-Experten Ulrich Noller (KrimiZEIT-Bestenliste), Reinhard Jahn (Bochumer Krimiarchiv) und die Journalistin Ingrid Müller-Münch suchen nach dem Geheimnis von Mrs Christies Erfolg und stellen nicht nur ihre Klassiker vor. Chief-Inspector Thomas Hackenberg leitet die Expertenrunde, die natürlich auch wieder ihre Favoriten aus den Bestsellerlisten präsentiert.

Hörerinnen und Hörer können sich per E-Mail an der Sendung beteiligen. mordsberatung@wdr.de
Redaktion: Petra Brandl-Kirsch

Die telefonische Mord(s)beratung | Samstag, 29. August 2015, 21.05 - 23.00 Uhr auf WDR5


Agatha Christie

Die gesammelten Werke, die bisher im Fischer Verlag erschienen waren, gingen im Rahmen von Neuverhandlungen des Christie-Rechteinhabers im Jahr 2014 an den Hofmann und Campe Verlag.
Dort erscheinen die Agatha Christie-Romane bei  "Atlantik" einem Imprint von Hoffmann und Campe.

Zug um Zug sollen die Romane neu übersetzt werden. Bisher erschienen bereits die schon seinerzeit für Fischer neu übersetzten Christie-Romane.
Darunter
  • "Und dann gabs keines mehr" ("Zehn kleine Negerlein")  übersetzt von Sabine Deitmer
  • "Tod auf dem Nil" und "Das Eulenhaus" übersetzt von Pieke Biermann
  • "Blausäure" übersetzt von Regula Venske

Auch der mit Erlaubnis der Christie-Erben nachgeschriebene Hercule Poirot-Roman "Die Monogramm-Morde" von Sophie Hannah erschien bereits bei Atlantik.

Zum 125. Geburtstag von Agatha Christie geht Helge Timmerberg unter dem Titel "Mord im Orientexpress" im Oktober und November mit Agatha Christie auf Lesetour. Dabei kommt neben den beliebten Ermittlern Hercule Poirot und Miss Marple auch Agatha Christie selbst zu Wort: Erstmals geben zeitgenössische Fanbriefe und Antworten der berühmten Krimiautorin Einblick in die Welt hinter den zahlreichen Morden ihrer mehr als 60 Romane und Kurzgeschichten.
Der Tourplan de Orientexpress


Agatha Christie – die Fakten bitte!

Es gibt keine endgültig überzeugende Erklärung dafür, wie es eine Frau aus der Mittelklasse, nett, konventionell, und ein wenig angepaßt in ihrem Verhalten, immer wieder fertigbrachte, die Leser total in ihren Bann zu ziehen.  (Edmund Crispin, 1975)

Agatha Christie…
-lebte von1890 bis 1976
-geborene Agatha Mary Clarisssa Miller,
Am Ende: Dame Agatha Mary Clarissa Christie,  (DBE – Dame of the British Empire)
Lady Mallowan (= als Gattin von Lord Mallowan, ihres zweiten Mannes)

-stammte aus gut- bis großbürgerlichen Verhältnissen
-1914 bis 1928 Ehe mit Oberst Archibald Christie, einen Flieger der Luftwaffe, eine Tochter
-1920 erschien ihr erster Krimi "Das fehlende Glied in der Kette", erster Auftritt Hercule Poirot
-1926 großer Durchbruch mit "ALIBI" dessen Auflösung als "sensationell" empfinden wurde
-1926 verschwand Christie für zehn Tage und behauptete später, unter Gedächtnisverlust zu leiden.
(1979 Verfilmt als  "Das Geheimnis der Agatha Christie" mit Venessa Redgrave und Dustin Hoffman
-1930 Heirat mit dem Archäologen Max Mallowan
-1930 erstes Auftreten von Miss Jane Marple in "Mord im Pfarrhaus"
-1940er Sie schrieb den letzten Hercule-Poirot-Roman "Vorhang" auf Vorrat, veröffentlicht 1974
-1976 stirbt Agatha Christie

Das Werk der "Queen of Crime"
66 Kriminalromane
23 Bühnenstücke


Nach Angaben ihrer Erben wurden bislang zwei Milliarden Christie-Bücher verkauft.
Sie gehört damit zu den erfolgreichste Autoren aller Zeiten.
Zum Vergleich: Georges Simenon 500 Millionen Gesamtauflage
Das "Manifest der Kommunistischen Partei" von Karl Marx und Friedrich Engels 500 Millionen
Die "Gedichte des Vositzenden Mao von Mao Tse-tung " 400 Millionen Exemplaren der. Aber auch "Der Herr der Ringe" 150 Millionen
(Es gibt aber auch Angaben, die Christie "nur" 150 Millionen Gesamtauflage zubilligen)

Mrs Christies Helden:
Hercule Poirot. Der kleine belgische Detektiv ermittelt in 33 Romanen und div Kurzgeschichten
Jane Marple: Sie ermittelt in 12 Romanen und 20 Kurzgeschichten.
Tommy und Tuppence Beresford, 4 Romane, eine Storysammlung

Die Bedeutung von Agatha Christie?
Sie war die bekannteste und erfolgreichste Vertreterin des "golden age" der Kriminalliteratur, des "goldenen Zeitalters" , das in den 1920ern in Großbritannien begann und nach dem Weltkrieg dort endete. Es ist der "klassische englische Kriminalroman".
Das "Goldene Zeitalter" liegt zwischen der Ära des Sherlock Holmes und dem Beginn der "Schwarzen Serie", des hardboiled-Romans aus den USA

Andere Vertreter(innen)
Dorothy Sayers ("Lord Peter Wimsey"), Patricia Wentworth ("Miss Silver"), G.K. Chesterton ("Father Brown"), Margery Allingham ("Albert Campion") Ngaio Marsh ("Roderick Alleyn"), sowie später die Amerikaner S.S. van Dine ("Philo Vance"), Mary Roberts Rinehart und Ellery Queen ("Ellery Queen)

Die Faszination für Christies Werke entsteht durch
  1.  das in groben Zügen stets gleiche setting – in der bürgerlichen und besseren Gesellschaft
  2.  einer oder mehrere mysteriöse Mordfälle
  3.  ein Ermittler aus den Kreisen, in denen der Fall spielt
  4.  die erzählten Familiendramen (verstoßene Kinder, heimliche Liebschaften, familiäre Eifersucht und Gier) im Zusammenhang mit
  5.  den meist sehr komplexen Vorgängen um den/die Mord/e, die aufgedeckt werden – komplizierte falsche Alibis müssen widerlegt werden, ungeklärte Familienverhältnisse müssen geklärt werden, lange verschwiegende Zusammenhänge entüllt. Wobei Agatha Christie nicht unbedingt eine Vertreterin der meist rein technischen "locked-room mysteries" ist, der Verbrechen in einem scheinbar verschlossenen Raum.

Christie und ihre Zeitgenossen etablierten den Krimi als "Rätselspiel". Im Idealfall sollte er Leser genau die gleichen Informationen bekommen wie der Detektiv und zusammen mit ihm in der Lage sein, den "Fall" aufzuklären.
Zitat:  "Der Detektiv darf niemals mehr wissen als der Leser."  (Agatha Christie)

Das ist natürlich schon in sich ein kleiner Bluff – es geht der Autorin in Wirklichkeit darum, in dem bekannten Serien- und Rätselschema immer wieder ein neues, interessantes Rätsel samt neuer, interessanter Aufklärung zu präsentieren.

Das beweist Agatha Christie immer wieder mit ihren plot- und Verbrechens-Ideen (von denen hier wenig verraten werden soll, um nicht zu spoilern)
  • -Der Roman "ALIBI", von manchen als "der perfekte Kriminalroman" bezeichnet, weil er mit seiner Auflösung (der erzählerischen, nicht der kriminalistischen) das scheinbar Unmögliche schafft.
  • -Das Konzept von "Zehn kleine Negerlein", bei dem vom Täter eine Gesellschaft an einem abgeschlossene Ort zusammengeführt wird, um dann einen Gast nach dem anderen zu töten.. Ein Abgeschlossener Tatort ist auch ein Flugzeug ("Tod in den Wolken") oder eben der Zug (der Orientexpress)
  • -Das Verbrechensmodell, das etwa bei der Aufklärung von "Mord im Orientexpress" präsentiert wird.
  • Das Spielerische und zugleich Ernsthafte dieser Art von Kriminalliteratur kommt in den "Regeln" und dem "Schwur" des "Detection Club" zum Ausdruck, zu dem sich 1928 einige namhafte britische Krimiautoren zusammenfanden. Bei der Aufnahme musste der Kandidaten einen  Schwur ablegen, wie ordentliche Kriminalliteratur zu schreiben war.

Der Schwur des Detection Club
http://krimiblog.blogspot.de/2015/07/der-schwur-des-detection-club.html

oder die Kurzfassung von G.K. Chesterton:
“Schwörst du, daß deine Detektive die sich ihnen darbietenden Verbrechen geschickt und aufrichtig lösen werden, indem sie von jenen Geistesgaben Gebrauch machen, mit denen sie auszustatten es dir gefällt, und daß du dabei weder auf Göttliche Offenbarung, Weibliche Intuition, Hokuspokus und faulen Zauber, den Zufall oder das Handeln Gottes baust, noch dich dessen bedienst?“

Und was bliebe sonst noch über Christie zu sagen?


Die meisten großen Autorinnen und Autoren des Goldenen Zeitalters, ob Dorothy Sayers, Margery Allingham oder Gilbert Keith Chesterton, übertrafen Agatha Christie an literarischer Darstellungskunst, niemand erreichte sie - aufs ganze Werk gesehen - in Variationsreichtum und Kombinationsvermögen. Die Kunst, in Ketten zu tanzen, die Nietzsche von jedem Schriftsteller forderte, beherrscht sie vorzüglich. (Gert Ueding, 1990)

Der beste Kriminalschriftsteller? Kann ich nicht beantworten, zu viele Typen. Dem Absatz nach Gardner und Christie. Kann Christie nicht lesen. (Raymond Chandler, 1949)



Und wer noch etwas weiter lesen will:

Auf Reisen mit Agatha Christie: Das gepflegte Verbrechen zum Fünf-Uhr-Tee
Von Reinhard Jahn




3.8.15

Melanie Raabe: Die Falle


Linda Conrads ist eine Bestsellerautorin. Sie lebt zurückgezogen, isoliert. Seit 11 Jahren hat sie ihr Haus nicht mehr verlassen. Sie ist traumatisiert, kann die Welt und die Menschen nicht ertragen – seit sie vor 12 Jahren Zeugin wurde, wie ihre Schwester Anna ermordet wurde. Sie hat den Täter gesehen, dennoch konnte die Polizei ihn nicht fassen. Und  jetzt auf einmal sieht Linda den Mann im Fernsehen. Als Reporter eines Nachrichtensenders. Und sie beschließt, ihn zu sich zu locken, in die Falle, um ihn endlich zu überführen. Sie bietet dem Mann ein Interview an - über ihr neues Buch. Einen Thriller, in dem es um eine Frau geht, die den Mörder ihrer Schwester gesehen hat.
Es beginnt ein packendes, wendungsreiches Psychoduell – Linda und der Reporter, mehr oder minder allein in dem einsamen Haus. Sie umkreisen sich, und müssen Stück für Stück ihre Masken fallen lassen. Und dabei kommt manches zum Vorschein, womit weder Linda, noch der Mörder, noch der Leser rechnet.
Aus dieser packenden Psycho-Falle gibt es für den Leser kein Entkommen.
Melanie Raabe, Jahrgang 1981, ist das wahrscheinlich jüngste, aber sicher das größte Talent der deutschen Thriller-Szene.
(Reinhard Jahn WDR5 Mordsberatung)

Die Spannungs-Falle
Bestsellerautorin Linda Conrads hat seit elf Jahren ihr Haus nicht mehr verlassen. Sie ist traumatisiert, kann die Welt und die Menschen nicht ertragen – seit sie Zeugin wurde, wie ihre Schwester Anna ermordet wurde. Sie hat den Täter gesehen, dennoch konnte die Polizei ihn nicht fassen. Und jetzt entdeckt Linda den Mann plötzlich - im Fernsehen, als Reporter eines Nachrichtensenders. Und sie beschließt, ihn zu sich zu locken, in die Falle, um ihn endlich zu überführen. Damit beginnt ein packendes, wendungsreiches Psychoduell, denn die Newcomerin Melanie Raabe beweist in Die Falle, dass sie die Klaviatur des Spannungskrimis perfekt beherrscht. Aus ihrer packenden Psycho-Story gibt es für den Leser kein Entkommen.
Melanie Raabe, Jahrgang 1981, ist das wahrscheinlich jüngste, aber sicher das größte Talent der deutschen Thriller-Szene. rja
Perfekter Psycho (fünf Sterne)
 Reinhard Jahn bei Funke-Medien (WAZ / NRZ) 13.6.2015

Melanie Raabe
Die Falle
btb,  352 Seiten



















Laudatio für Melanie Raabe "Die Falle"  
Stuttgarter Krimipreis 21.3.2016