30.4.22

Insel-Krimi der Woche

Coup auf der Insel

Krimi von Moni Daurel

Nach drei Tagen war Caspar absolut vertraut mit dem Treiben auf der Strandpromenade der kleinen Frieseninsel. Da gab es die Teenagercliquen auf dem Weg zum Strand, es gab den Schnellzeichner, der Inselansichten und Touristen malte, es gab die Sonnenbrillenverkäufer, den Eismann und die Souvenirhändler.
   All das interessierte Caspar aber nur am Rande. Sein Augenmerk galt dem kleinen Shop eines Edeljuweliers zwischen Friesenkneipe und Backfischbude. Im gesicherten Schaufenster lagen Preziosen für fast hunderttausend Euro. Da würde im Laden ebenso wertvoller Schmuck zu holen sein. Hinein kam man nur, wenn man klingelte und einem vom Juwelier aufgemacht wurde. Hinaus gelangte man nur, wenn man durch den Aufnahmewinkel der Videokamera überm Eingang lief.
   Nach vier Tagen wusste Caspar, wie er das Ding durchziehen musste, um dann rechtzeitig mit der Nachmittagsfähre von der Insel zu verschwinden.
   Also klingelte er kurz vor zwölf an der Tür des Juweliers – im Hawaiihemd und mit tief in die Stirn gezogener Kapitänsmütze.
   Der Juwelier öffnete – und bereute seine Arglosigkeit gleich darauf, als Caspar ihn überwältigte und mit Kabelbindern fesselte.
   »Sie werden nicht weit kommen«, drohte der Juwelier verzweifelt, während Caspar die Vitrinen ausräumte.
   »Wegen der Kamera draußen?« Caspar kicherte. »Lass die mal meine Sorge sein!«
   Er stieß die Ladentür auf, nahm die Kapitänsmütze ab, hängte sie übers Objektiv der Kamera und zuckte zusammen, als hinter ihm der Alarm losging. Daran hatte er nicht gedacht – aber das hielt ihn jetzt nicht mehr auf. Er schwang sich auf sein Leihfahrrad und stand eine halbe Stunde später am Terminal in der Schlange der Passagiere für die Nachmittagsfähre. Er musste nur noch an den beiden Inselpolizisten an der Schleuse vorbei. Die beiden nahmen Caspar routiniert in den Polizeigriff. Handschellen klickten.
   »Du hast dir wohl gedacht, wenn die Kamera kein Bild von dir hat, finden wir dich nicht«, sagte der Streifenführer und zeigte Caspar eine Portraitskizze, die unverkennbar ihn darstellte. »Aber der Schnellzeichner an der Strandpromenade war fix genug, einen Blick auf dich zu werfen, als du aus dem Laden kamst und der Alarm losging.«

   

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Der Tod kommt nur einmal

Neue Kriminalstories aus der erfolgreichen Anthologie-Reihe von H.P. Karr. Mal spannend, mal lustig, mal nachdenklich. Geschichten von perfekt geplanten Morden. Geschichten zum Miträtseln. Geschichten über mörderische Intrigen. Geschichten über clevere Coups und dreiste Betrüger. Zwei Dutzend klassische Kriminalstories bieten mörderisch gute Unterhaltung.

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Moni Daurel:
Der Coup auf der Insel
BNN 30.04.2022 17/22

© by author / R.Jahn

Verbreitung nur mit
Genehmigung

15.4.22

Krimi der Woche

Auf der Flucht

Kriminalstory von Jackie Kowal


Zum Glück hörte Brunner den Hubschrauber, ehe er die Maschine am Himmel über sich auftauchen sah. So hatte er Zeit genug, sich von der Landstraße in die Büsche am Rand eines Wäldchens zu schlagen. Inzwischen waren seit seiner Flucht drei Stunden vergangen und die Fahndung nach ihm musste auf Hochtouren laufen - Jo Brunner, 32, geflüchtet aus der JVA Erlenstamm, wo er eine Haftstrafe wegen verschiedener Raubdelikte verbüßte.
   Nachdem er über das Dach der Gefängniswäscherei abgehauen war, hatte er die ersten zwanzig Kilometer als blinder Passagier auf einem Lastwagen hinter sich gebracht.
   Der Hubschrauber drehte ab, und im gleichen Moment sah Brunner den blauen Renault auf dem Wirtschaftsweg. Der Fahrer war ausgestiegen und erleichterte sich am nächsten Baum. So eine Chance konnte Brunner sich nicht entgehen lassen. 

   Er griff sich einen Ast, schlich sich an und schlug zu. Benommen ging der Kerl zu Boden, und Brunner wuchtete ihn ächzend in den Kofferraum des Renault.
   »Nichts für ungut, Kumpel - ich borge mir nur mal kurz deinen Wagen!«, sagte er und ließ die Klappe zufallen.
   Gleich darauf war er mit dem Renault auf der Landstraße unterwegs in Richtung Süden. Wenn er erst einmal auf der Autobahn war, würde alles viel leichter werden, weil er da im Strom der Fahrzeuge untertauchen konnte.
   Zufrieden lehnte er sich im Fahrersitz zurück und entspannte sich ein bisschen. Er machte das Radio an, es gab Popmusik und Nachrichten aus aller Welt.
   Die Plastiktüte auf dem Beifahrersitz hatte er bis jetzt nicht beachtet. Als er sie kontrollierte, richteten sich auf einmal seine Nackenhaare auf. Geldbündel rutschten ihm entgegen, Fünfziger, Zwanziger, auch Hunderter. Alle mit den Banderolen der Sparkasse Erlenstamm.
   Im Radio sagte der Sprecher: »Noch immer fahndet die Polizei in der Umgebung vom Erlenstamm nach dem flüchtigen Bankräuber, der heute Vormittag bei einem Überfall auf die Sparkasse Erlenstamm fünfzigtausend Euro Beute machte. Der Täter verletzte dabei eine Bankangestellte schwer. Er ist in einem blauen Renault auf der Flucht und wird wie folgt beschrieben ...«
   Diesmal hörte Brunner den Hubschrauber nicht, sondern sah ihn erst, als er ihm über die Felder entgegenkam. Und dann tauchten auch schon die Blaulichter der ersten Streifenwagen im Rückspiegel auf.
  Brunner kämpfte gegen das bittere Gefühl des Scheiterns und ging vom Gas. Der Wagen rollte aus. Aus dem Kofferraum kam ein Klopfen.
  »Ja, ich weiß, Kumpel«, sagte Brunner laut, »das ist heute nicht unser Tag.«
ENDE

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5.4.22

Krimi der Woche

Nutze die Chance
Bewaffnet und gefährlich

Von Manfred Mainau

»... noch ein Fahndungsaufruf«, sagte der Nachrichtensprecher. »Heute konnte der 34-jährige Rico Steinmetz aus der Forensischen Landesklinik Ammertal fliehen. Steinmetz ist bewaffnet und gefährlich. Die Polizei warnt alle Anwohner in Ammertal und ...«
   Arno Brockmann wurde schlagartig klar, dass das seine Chance war. In ihrem Sessel schnarchte Wilma schon seit Stunden vor sich hin.
   Wilma. Brockmann versagte sich jede längere Überlegung dazu, wie seine Ehe in diesen Zustand gegenseitiger Abneigung hatte geraten können.
   Draußen fuhr ein Streifenwagen mit flackerndem Blaulicht vorbei. Hier in Ammertal war es nicht Neues, dass ein Insasse der Forensik floh. Nicht die Regel war es, dass es einer wie Rico Steinmetz war.
   Über seine Flucht nach einem Überfall auf eine Bankiersfamilie hatten die Medien ausführlich berichtet – weil Steinmetz nicht vor Gewalt zurückschreckte. Sei es bei dem Tankstellenkassierer, den er mit einem Schraubenschlüssel erschlagen hatte, oder sei es bei dem Rentnerpärchen, das es nicht überlebt hatte, als es ihn in ihrer Gartenlaube überraschte.
   Und das konnte jetzt Brockmanns große Chance sein. Er griff zu dem Schürhaken neben dem Kamin und ging zu Wilma. Wer sagte denn, dass Steinmetz nicht auf seiner Flucht hier eingedrungen war? Und sich mit Gewalt Geld für seine weitere Flucht beschafft hatte?
   Brockmann schlug zu. Wilma wurde nicht einmal wach, glitt vom Schlaf direkt in den Tod.
   Brockmann wischte den Schürhaken ab, öffnete die Terrassentür und schlug von außen ein Loch ins Glas, um klarzumachen, wie Steinmetz eingedrungen war.
   Im Flur leerte er seine Brieftasche, verbarg Geld und Papiere in der Küche und kam dann zum schwierigsten Teil seines Planes. Er stellte sich neben die Tür und schlug mit dem Kopf gegen die Wand. Der Schmerz war höllisch, und erst beim zweiten Mal floss Blut. Brockmann wurde schwarz vor Augen, und er sackte zu Boden – ein perfektes Opfer von Steinmetz.
   Im Fernsehen wurde der Mitternachtsfilm unterbrochen. »Entwarnung in Ammertal«, sagte der Nachrichtensprecher. »Wie die Polizei soeben mitteilte, wurde der flüchtige Rico Steinmetz bereits vor vier Stunden gefasst ...«
ENDE


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Ein Mord in einem verschlossenen Raum, ein tückisch arrangierter Unfall, ein vergifteter Drink – in jedem Fall ein Fall für Kommissarin Katja Kampp von der SOKO RUHR. Mit messerscharfer Kombinationsgabe ermittelt die clevere Kriminalistin innerhalb kürzester Zeit, wer der Täter ist. 
H.P. Karr

Ein Fall für Kommissarin Katja Kampp

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Manfred Mainau:
Bewaffnet und gefährlich /
Nutze die Chance
BNN 13/2022 vom 2.4.2022
© by author / R.Jahn (2131)
Verbreitung nur mit Genehmigung