2.2.07

Markus C. Schulte von Drach: Furor

Ein Mann hetzt durch die Gänge eines Hirnforschungs-Institutes in München. Es ist Christian Raabe, anerkannter Gehirnforscher und Entdecker sogenannten Rabbe'schen Kanals.
Raabe hat mich drei Minuten zu leben.

Zeit genug, um einen letzten Anruf zu machen: auf der Mailbox seines Sohnes Sebastian hinterlässt er seine letzte Bitte, sein Vermächtnis, sozusagen. Sebastian soll einige Dateien auf der Festplatte von Raabes Instituts-Computer löschen.
Und dann stirbt Raabe - zerquetscht von Fahrstuhl des Institutes.

Schnitt. Sebastian Raabe ist geschockt vom Tod seines Vaters - zu dem das Verhältnis nicht ganz ungebrochen war. Schließlich studiert Sebastian im selben Institut, ist im selben Forschungszweig engagiert: Neurobiologie. Ein Fach, in dem sein Vater - und hier spielt ein wenig Science Fiction in den Thriller - bahnbrechendes geleistet hat: ihm und seinen Kollegen ist es gelungen, die Erinnerungen Verstorbener quasi aus dem Gehirn auszulesen und auf Datenträgern zu speichern. Von denen sie dann über eine Apparatur im Bewusstsein eines anderen wieder "abgespielt" werden können.

Welchen Preis sein Vater allerdings für diese Entdeckung gezahlt hat, weiß Sebastian noch längst nicht - er weiß auch nicht, dass zur gleichen Zeit ein Untersuchungsausschuss des Bundestages die Hintergründe eines Massakers zu ermitteln versucht, das Bundeswehrsoldaten auf einem Friedenseinsatz in Afrika angerichtet habne.

Für Sebastian beginnt erst einmal eine komplizierte und hochintelligente Tüftelei nach dem Passwort, mit dem sein Vater den Computer gesichert hat, auf dem sie sensiblen Daten lagern. Und je näher Sebastian und seine Freunde der Lösung des Rätsels kommen, desto klarer sehen sie, dass Christian Raabes Tod keineswegs der Selbstmord gewesen ist, als der er hingestellt wurde. Und dass seine Entdeckung offenbar in den Händen von Militärs bereits schrecklichen Schaden angerichtet hat.

Ein Wissenschafts- und Action-Thriller, sehr zügig und flott erzählt, keineswegs zu ausladend wie Frank Schätzings SCHWARM, sondern eher auf den Spuren von Michael Crichton, mit einem kleinen Schuss Dan Brown.

Markus C. Schulte von Drach: Furor
Deutscher Taschenbuch Verlag

1.2.07

Lena Blaudez: Spiegelreflex

Ada Simon ist Fotoreporterin, Afrikaspezialistin und nicht zum ersten mal in Benin. Benin in Westafrika, ein Entwicklungsland, das nicht unbedingt wegen Stammesmassakern oder eines korrupten Regimes in den Schlagzeilen der Weltpresse auftaucht.

Ada Simon kennt Benin von früheren Reportage-Aufträgen, wie jeder gute Reporter hat sie eine Menge Kontakte vor Ort - zu den Vertretern der Regierung, zu Botschaften und Firmen, die in Benin arbeiten. Und zur lokalen Opposition. Darunter ihre Freund Paul. Als sie ihn in einer Kneipe trifft, tauchen zwei, drei Männer auf und erschießen ihn. Vor dem Objektiv ihrer Kamera, sozusagen, wie Ada erst hinterher realisiert. Sie hat reflexartig während der Tat ein paar Bilder geschossen.

Reporterglück oder ein tödlicher Fehler? Man macht Ada schnell klar, dass man die Bilder haben möchte. Den Film, die Negative. Die beweise. Ein Fotolabor explodiert. Ada hat seltsame Begleiter bei ihrer Reportagereise ins Innere des Landes und sie beginnt zu ahnen, dass der Mord an ihrem Freund Patrick etwas mit den Schürfrechten im Inneren des Landes und dem korrupten Kampf um EU-Entwicklungshilfe-Kredite zu tun hat.

Und dann erfährt Ada Simon, wie
ein Chamäleon,
drei Kolibrifedern,
ein schwarzes Huhn,
zwei Flaschen Gin und
sieben Zitronen
helfen können, die ganze Affäre aufzuklären. das sind nämlich die Dinge, die ein Voodoo-Priester von ihr verlangt, um ihr einen Ratschlag zu geben, was sie tun soll, um dem Komplott zu entkommen.

Die Kriminalgeschichte ist im Grunde genommen eine klassische: die vom Helden, der zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen ist. Aber man sollte das Buch auch mehr als einen Afrika-Roman lesen, von einer Autorin, die lange Zeit selbst als Entwicklungshelferin vor Ort, darunter auch in Benin, gelebt hat: farbenprall und süffig geschrieben in der Schilderung des lokalen Lebens. Leicht distanziert, aber ohne erhobenen Zeigefinger erzählt, wenn es um die Aktivitäten der amerikanischen und europäischen Konzerne in Afrika geht.

Lena Blaudez:
Spiegelreflex
Unionsverlag