Was diese Autorin offenbar gar nicht kann ist: ernst
sein. Tatjana Kruse ist die ungekrönte Königin der deutschen Krimi-Comedy, und
eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen ist es, die Ostfriesischen Inseln mit
Kicher-Kost zu versorgen. Sie hat Borkum an die Franzosen vererbt ("Wie
klaut man eine Insel?") und Norderney zum Schauplatz einer irren
Christie-Parodie gemacht ("Nur ein toter Maler ist ein guter Maler").
Und uppps - she did it again, jetzt auf Juist (um
nebenbei ein naheliegendes Wortspiel mitzunehmen).
Juist, dem Traumziel urlaubender A 14-Lehrer und Lokation
für das sicherste Safehouse des Bundeskriminalamtes, Aufbewahrungsort für Kron-
und Augenzeugen, die um ihr Leben fürchten müssen.
Jedenfalls bis zu dem Prozess, in dem sie aussagen
sollen, oder wollen. Oder müssen.
Auftritt Ugo Canoli. Kron- und Augenzeuge und der ideale
Gast für das BKA-Safehouse auf der Insel. Ugo isse so ein Italiener, der ssso
sspricht, wie nicht mal ein echter, Operetten-Italiener sprechen würde, Ugo ist
ein idealer B-Film-Mafioso, wie er eigentlich nur von Steve Martin gespielt
werden kann und von dem man nicht genau erfährt, was er nun aussagen will oder
soll. Oder muss.
Aber das ist nicht wichtig, denn er hat einen ungeheuren
Schlag bei Frauen - Testosteron trifft Eyeliner und lipgloss. In diesem Fall Melisande
Wagenkötter. Special-Agent im Zeugenschutzprogramm des BKA, irgendwie die
missratene Schwester von Agent Starling, und jetzt dazu vergattert, mit ihrem
Kollegen Wong den italienischen Hormonbolzen auf Juist versteckt zu halten.
Leichter gesagt als getan. Was alles da alles passiert,
erzählt Tatjana Kruse aus der Perspektive von Melisande, der allseits
gefestigten Polizistenpersönlichkeit, Inselhasserin, Wasserhasserin,
Außendiensthasserin, und ein bisschen auch Männerhasserin. Bis sie halt auf Ugo
trifft... .
Da könnte man jetzt denken: kiss-kiss-bang-bang und die
Geschichte ist durch. Aber so schnell geht das nicht, so einfach macht es uns
Tatjana Kruse nicht, zum Glück. Treffsicher im Dialogwitz, strategisch klug in
der Plot-Planung, dramaturgisch außerordentlich versiert in der Handlungsführung
verstrickt sie Melisande, Ugo und Agent Wong immer weiter in das Juister
Inselleben mit seinen großen und kleinen Seltsamkeiten und der Bedrohung durch
einen (oder mehrere?) Berufskiller, die allesamt Ugo an seiner Aussage hindern
wollen. Oder sollen. Oder müssen - wer weiß das schon, wen interessiert das
schon so lange uns die Tränen vor Lachen über diesen Krimi-Slapstick in den
Augen stehen.
Tatjana Kruse:
Pizza, Pasta, Sanddorngrog
Leda-Verlag
Pizza, Pasta, Sanddorngrog