2.12.13

Tatjana Kruse:
Pizza, Pasta, Sanddorngrog

Was diese Autorin offenbar gar nicht kann ist: ernst sein. Tatjana Kruse ist die ungekrönte Königin der deutschen Krimi-Comedy, und eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen ist es, die Ostfriesischen Inseln mit Kicher-Kost zu versorgen. Sie hat Borkum an die Franzosen vererbt ("Wie klaut man eine Insel?") und Norderney zum Schauplatz einer irren Christie-Parodie gemacht ("Nur ein toter Maler ist ein guter Maler").
Und uppps - she did it again, jetzt auf Juist (um nebenbei ein naheliegendes Wortspiel mitzunehmen).
Juist, dem Traumziel urlaubender A 14-Lehrer und Lokation für das sicherste Safehouse des Bundeskriminalamtes, Aufbewahrungsort für Kron- und Augenzeugen, die um ihr Leben fürchten müssen.

Jedenfalls bis zu dem Prozess, in dem sie aussagen sollen, oder wollen. Oder müssen.
Auftritt Ugo Canoli. Kron- und Augenzeuge und der ideale Gast für das BKA-Safehouse auf der Insel. Ugo isse so ein Italiener, der ssso sspricht, wie nicht mal ein echter, Operetten-Italiener sprechen würde, Ugo ist ein idealer B-Film-Mafioso, wie er eigentlich nur von Steve Martin gespielt werden kann und von dem man nicht genau erfährt, was er nun aussagen will oder soll. Oder muss.
Aber das ist nicht wichtig, denn er hat einen ungeheuren Schlag bei Frauen - Testosteron trifft Eyeliner und lipgloss. In diesem Fall Melisande Wagenkötter. Special-Agent im Zeugenschutzprogramm des BKA, irgendwie die missratene Schwester von Agent Starling, und jetzt dazu vergattert, mit ihrem Kollegen Wong den italienischen Hormonbolzen auf Juist versteckt zu halten.

Leichter gesagt als getan. Was alles da alles passiert, erzählt Tatjana Kruse aus der Perspektive von Melisande, der allseits gefestigten Polizistenpersönlichkeit, Inselhasserin, Wasserhasserin, Außendiensthasserin, und ein bisschen  auch Männerhasserin. Bis sie halt auf Ugo trifft... .
Da könnte man jetzt denken: kiss-kiss-bang-bang und die Geschichte ist durch. Aber so schnell geht das nicht, so einfach macht es uns Tatjana Kruse nicht, zum Glück. Treffsicher im Dialogwitz, strategisch klug in der Plot-Planung, dramaturgisch außerordentlich versiert in der Handlungsführung verstrickt sie Melisande, Ugo und Agent Wong immer weiter in das Juister Inselleben mit seinen großen und kleinen Seltsamkeiten und der Bedrohung durch einen (oder mehrere?) Berufskiller, die allesamt Ugo an seiner Aussage hindern wollen. Oder sollen. Oder müssen - wer weiß das schon, wen interessiert das schon so lange uns die Tränen vor Lachen über diesen Krimi-Slapstick in den Augen stehen.

Tatjana Kruse:
Pizza, Pasta, Sanddorngrog
Leda-Verlag