19.2.14

Factsheet
Die telefonische Mord(s)beratung :
Krimis von Fachleuten: Ein Fall für die Experten


Factsheet
Krimis von Fachleuten: Ein Fall für die Experten

Ihr Krimi-Kompetenzteam löst den Fall auf jeden Fall:
 Reinhard Jahn, Thomas Hackenberg, Ingrid Müller-Münch und Ulrich Noller
Foto: WDR, mit freundlicher Genehmigung


Wissenschaftlich fundierte Geschichten, als Stoff für Thriller oder Krimis. Zum  kleinen, spannenden zweiten Bildungsweg können Krimis werden, wenn Autoren uns an den Inhalten ihres ersten Berufs teilhaben lassen.

Das amerikanische Duo Douglas Preston und Lincoln Child zum Beispiel garantiert mit seinen Fällen für Special Agent Pendergast  immer extreme Spannung – mit w die sie aus ihren Ausbildungen als Biologe, Anthropologe und Chemiker beziehen. Im Großbritannien ist der studierte Historiker Robert Harris ein Garant für brillante zeitgeschichtliche Thriller. Und der Ex-Elitesoldat Andy McNab gibt in seinen Romanen Einblicke in den blutigen Kampf gegen den Terror. Ärzte, Anwälte, Polizisten oder Wissenschaftler - die Krimiexperten Ulrich Noller (Krimizeit Bestenliste), Reinhard Jahn (Bochumer Krimiarchiv) und die Journalistin Ingrid Müller-Münch haben ermittelt, welche Fachleute besonders anfällig für Krimis sind – und wer von ihnen die besten internationalen Thriller schreibt. Darüber hinaus gibt das Krimi-Kompetenzteam natürlich wieder Tipps, welche aktuellen Bücher man lesen sollte - und welche man sich sparen kann.
Moderation: Thomas Hackenberg

Live aus dem WDR Funkhaus Köln.
Redaktion Petra Brandl-Kirsch

Zur Sendung hier


Preston und Child
Douglas Preston (*1956) studierte Mathematik, Biologie, Physik, Anthropologie, Chemie, Geologie und Astronomie, bevor er zu englischer Literatur wechselte und darin graduierte. Er war von 1978 bis 1985 für das American Museum of Natural History in New York.
Dort lernte er während einer Führung Lincoln Child kennen, mit dem er zahlreiche erfolgreiche Thriller verfasste. ("Das Relikt", 1995 etc)
Lincoln Child (*1957) studierte englische Literatur und arbeitete als Lektor – er ist wohl der "literarische" Teil des Autorenteams.
Ihr erfolgreichster Serien Held ist Special Agent Aloysius Pendergast
Aloysius Xingú Leng Pendergast ist Special Agent beim FBI Büro in New Orleans. Er hat sehr blondes, fast weißes Haar, eine recht blasse Gesichtsfarbe und blassblaue Augen. Pendergast stammt aus einer reichen Familie, er ist hochintelligent und legt Wert auf gutes Benehmen. Seine Kleidung ist stets vom feinsten. Zur Fortbewegung nutzt Pendergast am liebsten seinen 1959er Rolls-Royce Silver Wraith, welcher von seinem Chauffeur und Butler Proctor gefahren wird.
Kurz gesagt: Pendergast ist eine Mischung aus Sherlock Holmes und Jerry Cotton, ein Held, wie man ihn für Abenteuerbücher braucht, wie die von Preston und Child.
2013 Attack - Unsichtbarer Feind,

Andy McNab
War Soldat der britischen Sondereinheit SAS und Spezialist in der Terrorismusbekämpfung, Sabotage, Observation und "Informationsgewinnung in feindlicher Umgebung".
Er nahm 1991 am zweiten Golfkrieg teil, schrieb ein Sachbuch („Bravo Two Zero“) darüber und schließlich eine Reihe von Polit- und Militärthrillern, die allgemein wegen der sachkundigen Darstellung militärischer und geheimdienstlicher Operationen gelobt wurden. Sein Serienheld ist der Ex-SAS-Mann Nick Stone.

Was ist das besondere an Krimis von Experten?

Man kann davon ausgehen dass sie ihre Geschichten in dem Milieu ansiedeln, das sie kennen – sei es eine Universität, eine Anwaltskanzlei oder ein Krankenhaus – und dass die geschilderten Um- und Zustände, die sie beschreiben, auch stimmen. Man erwartet hohe Detaildichte und große Glaubwürdigkeit was Milieu und Geschichte angeht.

Warum schreiben "Experten" Kriminalromane?

Weil sie's können! Jeder, der schreibt, schreibt gern über Themen und Dinge, die ihn interessieren und bei denn er sich auskennt. Deshalb wählen Experten oft ihr berufliches Umfeld (im weitesten Sinn) als Milieu und Grundlage ihrer Krimis. Zum Beispiel hatte der Gottvater der hardboiled Krimis Dashiell Hammett einige Jahre als Detektiv für die "Pinkerton Agentur" gearbeitet, ehe er zu schreiben begann: Geschichten über einen kleinen Detektiv in eienr großen Agentur.
Und Ian Fleming (1908-1964) , der Erfinder von James Bond, war während des Zweiten Weltkrieges beim britischen Geheimdienst (beim Marinegeheimdienst) tätig.
John le Carré schließlich arbeitete auch für den Geheimdienst (u.a. auch in Deutschland) , ehe er Schriftsteller wurde.

Welche Experten sind am anfälligsten?

Klare Antwort: 1. Die Juristen.
Egal ob Rechtsanwalt, Staatsanwalt oder Richter – Juristen schreiben gerne Kriminalromanen und Thriller. Angefangen von John Grisham mit seinen robusten Komplott-Geschichten  bis zu Ferdinand von Schirach und seinen auf wahren Fällen beruhenden kleinen moralischen Miniaturen.
Andere Juristen:
Juristen, die Krimis schreiben:
Ferdinand von Schirach arbeitet als Anwalt in Berlin. Er schrieb zahlreiche Erzählungen aus der Welt des Verbrechens und der Kriminalität, außerdem die Romane TABU und SCHULD.
Er ist meist als "als Anwalt" in seinen Geschichten präsent, in denen es um Fragen wie Schuld und Verantwortung geht, aber auch um diffizile bis kuriose juristische Probleme.

Fred Breinersdorfer  ist Anwalt, Roman- und Drehbuchautor und Filmproduzent in Berlin. Er begann neben seiner Tätigkeit als Anwalt in Stuttgart zu schreiben – Romane über die Fälle eines jungen Rechtsanwaltes namens Jean Abel, der unkonventionell lebt und sich immer in seine Fälle verbeißt. Aus den Romanen entstand später die erfolgreich Anwalts-Krimiserie "Anwalt Abel" im ZDF.
Derzeit veröffentlich Breinersdorfer ein E-Book-Serial, das in Form eines Thrillers über politische Intrigen im heutigen Berlin bis hin zum Mord an Uwe Barschel erzählt: BERLIN CONFIDENTIAL.

Klaus Erfmeyer ist Anwalt in Dortmund und Essen. Held seiner Kriminalromane ist der Anwalt Knobel, der seine Fälle aus dem Großraum Dortmund/Essen bezieht und löst.

Bernhard Schlink ist Verfassungsrechtler und begann seine literarische Karriere mit den Krimis um den Mannheimer Privatdetektiv Selb


2. Ärzte
Kathy Reichs, eine der Mütter des Pathologenkrimis schuf (gemeinsam mit Patricia Cornwell) die Gattung des Pathologenkrimis. Kathy Reichs ist  eine der 88 zugelassenen forensischen Anthropologen in den USA und sie hat in der Rechtsmedizin gearbeitet. Ihre Heldin ist Temperance "Tempe" Brennan, genannt "Bones", forensische Anthropologin in Vancouver und später auch den USA – ein workoholic sondergleichen, und natürlich ein Ass auf ihrem Fachgebiet.
Eine Mischung aus Kathy Reichs als Autorenfigur und ihrer Romanheldin bildet die Titelheldin der TV-Serie "Bones", die mit der grundsätzlich realistischen Anlage der Brennan-Romane nichts zu tun hat.
Ärzte-Krimis außerhalb von Pathologien haben dann vielfach Elemente von Krankenhaus-Serien – etwa bei Christoph Spielberg, einem Kardiologen, der Krimis schreibt.
Christoph Spielberg ist Arzt und schreibt über die Abenteuer eines Arztes.

Hans Gruhl (1921 – 1966)
ist ein Klassiker. Der doppelt promovierte Mediziner schrieb neben einigen erfolgreichen Hundebüchern in den siebziger Jahren erfolgreiche Krimis, in denen Ärzte im Mittelpunkt stehen, meist auch Ermittlungsaufgaben übernehmen.
"Das vierte Skalpell" und "Die letzte Visite" waren sehr erfolgreich und wurden auch als mehrteilige Kriminalhörspiele gesendet.

3. Journalisten
Journalisten sind ein Sonderfall – wenn sie nicht direkt über den Journalismus schreiben, dann können sie sich wegen ihrer beruflichen Kenntnisse gut und umfassend in Themen einarbeiten, um so zum "Teilzeit-Experten" zu werden. Das hießt: Journalisten haben von nichts Ahnung, können aber über alles schreiben.
Schreibende Journalisten haben oft nahe am Thema Krimi gearbeitet – als Gerichtsreporter oder Polizeireporter (siehe Friedrich Ani).

Sebastian Knauer
ist der Journalist, der STERN-Reporter den toten Uwe Barschel in seinem Hotelzimmer in Genf entdeckte. Nicht nur dieses Erlebnis verarbeitete er in diversen Kriminalroman

Jacques Berndorf
arbeitete unter seinem richtigen Namen Michael Preute jahrelang als Reporter für verschiedene Illustrierte.

Michael Connelly
geistiger Vater von "Harry Bosch", arbeitete als Polizeireporter und war Spezialist für Kriminalreportagen.

ENDE


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