3.6.20

Horst Bieber (1942 – 2020)


Horst Bieber
(1942 – 2020)
Er war keiner, der sich in den Vordergrund drängte. Als Autor, als Journalist, als Mensch war der gebürtige Essener Horst Bieber professionell, zuverlässig und in hanseatischer Weise zurückhaltend. Aber dabei einer, dessen Beitrag zur deutschsprachigen Kriminalliteratur nicht zu unterschätzen ist.
Nicht nur, weil er seinerzeit im Februar 1986 mit einem Dutzend Kollegen als Gründungsmitglied die Autorengruppe "Das Syndikat" aus der Taufe hob - und sich als solches nach erfolgtem Gründungsakt mit dem Kollegen Detlef Wolff in den Keller des  Stuttgarter Schriftstellerhauses zurückzog, um dort auf seinem Reporterblock (Papier!) die Gründungspressemitteilung zu verfassen, die seitdem zu den heiligen Dokumenten  der Autorengruppe gehört. 


Horst Bieber, 1942 geboren, lernte sein journalistisches Handwerk bei einer Zeitung im Ruhrgebiet und arbeitete dann von 1970 bis 1997, zuletzt als Chef vom Dienst, für die Hamburger ZEIT.
Zunächst schrieb er neben seiner journalistischen Tätigkeit historische Sachbücher, dann veröffentlichte er 1982 mit "Sackgasse"  seinen Krimi-Erstling. Der Roman zählte seinerzeit zu den wenigen Darstellungen der Arbeit eines Privatdetektivs in der Bundesrepublik.
In seinen weiteren Romanen griff er dann überwiegend gesellschaftliche  und politische Themen auf wie beispielsweise die Debatte um den Datenschutz, das Nebeneinander der Geheimdienste oder Probleme polizeilicher Ermittlungsarbeit. Die präzise Darstellung gesellschaftlicher und politischer Prozesse zeichnet besonders die Romane "Sein letzter Fehler" (1986) und "Jede Wahl hat ihren Preis" (1987) aus.
Dabei verstand Bieber es allerdings auch, eine den Genre-Regeln genügende Kriminalgeschichte in eine detailliert recherchierte bundesdeutsche Realität einzubetten und sie mit psychologisch nachvollziehbar gezeichneten Personen zu bevölkern. Im Gegensatz zu den Vertretern des damaligen "Sozio-Krimis" fehlte Bieber beinahe jegliche Zeigefinger-Attitüde. Seine Stärken waren seine Gabe zur genauen Beobachtung, sein ausgeprägtes Erzähltalent und seine Fähigkeit - oder soll man Ambition sagen? - einfach gut zu unterhalten. Was nicht nur von seinen Lesern geschätzt wurde, sondern auch von der der deutschen Krimikritik, die ihn 1987 für "Sein letzter Fehler" mit dem Deutschen Krimipreis auszeichnete. Horst Bieber starb am 27. Mai in  Hamburg.
(Reinhard Jahn, Bochumer Krimiarchiv)


Horst Bieber - Nachruf in der ZEIT
https://www.zeit.de/2020/24/horst-bieber-tatort-autor-nachruf