29.5.12

Celil Oker: Schnee am Bosporus


In seinen besseren Tagen war Remzi Ünal Pilot bei der Luftwaffe und bei Turkish Airlines. Seit er dort rausgeflogen ist, sorgt sein Job als Privatdetektiv fürs nötige Kleingeld. Das ist aber ein Beruf, den es in der Türkei noch gar nicht so richtig gibt. Nicht nur seine Klienten, auch er selbst hat allen Grund, der Polizei aus dem Wege zu gehen. Dass er bei seinem ersten großen Fall nicht nur einen ausgerissenen Studenten finden soll, wird ihm schmerzhaft klar, als er über eine Leiche stolpert, seltsame Päckchen hin- und hertransportieren soll und plötzlich seine Aikido-Kenntnisse dringend braucht. Er lernt die verborgenen Seiten von Istanbul kennen. (Verlagstext)

Wahrscheinlich sieht Remal Ülzal wirklich so aus, wie es das Titelbild der deutschen Ausgabe signalisiert: ein bisschen wie Robert Mitchum in irgendeinem Klassiker der Schwarzen Serie; ein Kerl mit einem kantigen Gesicht, kühlem Blick, die Krawatte auf halb acht und den Hut halb in der Stirn. Und genau wie Robert Mitchum seine Arbeit als Schauspieler charakterisierte, so wandert Remal Ülzal durch seinen ersten Fall: "Lern dein Text, wirf keinen Schatten und fall nicht in die Kulisse."

Celil Oker zeichnet seinen Privatschnüffler Remil Ünal genau nach den amerikanischen Vorbildern, zu denen er sich auch ein dem kurzen, aber informativen Nachwort bekennt: ein bisschen Travis McGee, eine Prise Brett Halliday und einen Schuß Mike Hammer. Der Fall ist ebenso klassisch gebaut wie die Figur: Es geht - wie sollte es anders sein - um einen Geschäftsmann, der seinen verschwundenen Neffen suchen lässt. Der Junge ist - wir ahnen es - in dunkle Drogengeschäfte an der Istanbuler Universität verstrickt. Ferner spielen mit: eine ganz kleine Portion Porno und Sex, ein bisschen Gewalt und ein paar flatterhafte Dialoge. Serviert und garniert wird das ganze mit viel Instabuler Ambiente.

 Keine Frage, Remzi Ülal ist sympathisch, und er wird einem wahrscheinlich immer sympathischer werden, je öfter wir ihm bei seinen Schnüffeltouren am Bosporus folgen dürfen. Im deutschen würden böse Rezenseten bei so einer Gemengelage sofort "Regionalkrimi" schreien und uns erklären, dass das Nachschreiben klassischer Vorbilder im neuem Ambiente das Genree keinesfalls weiterbringt. Womit sie Recht haben.


Celil Oker:
Schnee am Bosporus - Remzi Ünals erster Fall
Aus dem Türkischen von Ute Birgi-Knellessen
Originaltitel: »Çiplak Ceset«
UT metro 181, ISBN 3-293-20181-4
Deutsche Erstausgabe

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