10 ultimative deutsche Krimi Tipps:
(für: NRZ, Herbst 2004)
Werner Schmitz:
Schreiber und der Wolf
Hannes Schreiber ist wieder da - der Reporter, den Werner Schmitz zuletzt 1987 zur Blütezeit des Revierkrimis ins Rennen schickte. Jetzt, 17 Jahre später, verschlägt es die sichtlich gealterte und abgeklärte Spürnase in den Oderbruch: ein Wolf hat aus Polen rübergemacht und ist einem Jäger vor die Flinte gelaufen. Dann kommt noch ein richtiger Mord dazu, in dieser sehr stimmungsvollen Geschichte, die ihre Spannung aus dem Mit- und Gegeneinander der Menschen am östliche Rand von Deutschlands bezieht.
Anne Chaplet:
Schneesterben
Was mit einem Toten im Schnee von Klein-Roda am Vogelsberg beginnt, wird vom Eifersuchtsdrama zum Gerichtsthriller und schließlich zur spannenden, anrührenden Charakterstudie. Der fünfte Roman der Königin des deutschen Krimis: eine Geschichte aus der Provinz, elegant wie Elizabeth George erzählt, mit einem klarem Blick auf die Region und die Menschen. Mit "Schneesterben" enden erst einmal die Abenteuer von Paul Bremer, dem Stadtfüchtling, und Karen Stark, der Frankfurter Staatsanwältin, die Anne Chaplet seit ihrem Debüt "Caruso singt nicht mehr" (1998) begleitet hat.
Petra Hammesfahr:
Die Lüge
Zwei Frauen - ein Gesicht. Susanne und Nadia gleichen sich wie Zwillinge - nur ist Susanne ein armes Mädchen und Nadia eine reiche Businessfrau. Die daheim eine Stellvertreterin braucht, wenn sie sich mit ihrem Lover trifft. Sie fragt Susannne, und die geht darauf ein - nicht ahnend, das sie damit in in düsteres Komplott gerät, in dem es um viel mehr geht als um Nadias Liebesabenteuer. Petra Hammesfahr schreibt so suggestiv, dass man ihr selbst diese Kolportagegeschichte von der ersten Zeile an abnimmt - und mit jeder Seite mehr dem Ende entgegenfiebert.
Werner Kopacka
Die Wüste
Ein Trupp Sinnsucher in der Wüste Sinai: Die Einsamkeit und die Stille sollen das Bewusstsein schärfen - sie schärfen auch die unterschwelligen Konflikte. Kein Wunder, dass schließlich einer aus der Gruppe ermordet wird. Ein exzellenter Detektivroman der das klassischem Muster intelligent verdreht, eine ausgezeichnete Schilderung der Wüste und der Menschen, die auf ihrer Reise zu sich selbst mit sich selbst nicht fertig werden.
Andreas Schmidt:
Die Wupper-Connection
Wer leitet giftige Chromsäure in die Wupper? Der Besitzer einer Chemiefirma hat Erklärungsnotstand und heuert die fitten Reporter Stefan und Heike von der lokalem Radiowellen als Schnüffler an. Heraus kommt nicht nur ein deftiger Skandal, sondern auch ein Thriller mit Action und Witz, der endlich beweist: es gibt also auch Lokalkrimis der etwas flotteren Art.
Zoran Drvenkar
Du bist zu schnell
Ein Krimi auf Speed: suggestiv, dramatisch und dabei in jeder Zeile souverän erzählt. Zoran Drvenkar
Clemens Stadlbauer
Quotenkiller
Tommy König, beliebter Radiomoderator bei der hippen HITSTATION, wird während seiner nächtlichen Sendung im Studio ermordet. Doch das ist erst der Anfang einer wilden Krimi-Geschichte, die uns hinter die Kulissen des Privatfunks führt. Untreue Ehefrau, cholerische Bosse, schrille Starmoderatoren - jeder bekommt sein Fett weg. Lebensprall erzähltes, knalliges Krimi-Junkfood, mit vielen bunten Typen. Natürlich schimmert manchmal "Pulp Fiction" durch, aber das muss wahrscheinlich bei solchen Geschichten so sein.
Friedrich Ani:
Süden und der Luftgitarrist
und alle anderen Süden-Romane
Kommissar Tabor Süden ist zuständig für "Vermissungen" - Verschwundene, Abgängige, Wegegangene, nicht-wieder-Aufgetauchte. Süden schnüffelt nicht, wenn er jemanden sucht, er hört zu. Beobachtet, lässt sich ein und versteht. Süden ist ein Kommissar in der Tradition von Jules Maigret, und Friedrich Ani ein Autor, der ebenso gut zu erzählen versteht wie Georges Simenon. Seine "Süden-Romane" erscheinen zwar als kleine billige Taschenbücher - aber sie sind große Krimi-Literatur, die beste, die es derzeit in Deutschland gibt.
Ganz kurz:
Frank Schätzing: Der Schwarm Knapp 1000 Seiten Thriller über das Meer und das Leben, das es dort gibt. So spannend wie die Bücher, die wir früher unter der Bettdecke gelesen haben.
Thea Dorn: Die Brut Frauenschicksal aus der Fernsehwelt. Alles, was wir schon immer nicht über Maischberger & Co wissen wollten. Kalt erzählt, kühl kalkuliert.
Gabriele Wolff: Das dritte Zimmer Die diesjährige Glauser-Preisträgerin erzählt eine Geschichte aus dem Inneren der Macht. Ein Büro-Thriller der seinen spröden Charme ganz heimlich entwickelt.
Nobert Horst: Leichensache Wenn Kriminalbeamte Krimis schreiben, geht das meist ganz furchtbar aus. Hier nicht. Ein perfekter Polizeiroman, dicht, stimmig, informativ, faktenreich und spannender als alle Polizei-soaps im TV.