Breslau 1927. Breslau ist zu dieser Zeit noch eine deutsche Stadt. In dem Haus "Zu den zwei Greifen" hat ein Handwerker gerade seine Werkstatt eingerichtet und ist sehr irritiert über den seltsamen Geruch, der ihm aus einer bestimmten Wand entegegenschlägt - bis es ihm zuviel wird und er die Mauer aufbricht. In dem Hohlraum dahinter: Eine Toter, ein Mann, offenbar bei lebendigem Leib eingemauert und vorher so gefesselt, dass er sich selbst mit abnehmender Kraft selbst strangulierte. Ein grauenhafter Mordfall, ein Fall für Kriminalrat Eberhard Mock von der Polizei in Breslau.
Mock ist ein Mann mit viele, vielen Ecken und Kanten. Herrisch und liebevoll zugleich gegen seiner Frau Sophie. Voller Sehnsucht nach ihrer Liebe und einem Kind mit ihr. Eifersüchtig bis zur Unbeherrschtheit, so dass er seine Polizisten lieber seine Frau beschatten lässt, statt sie bei der Suche nach dem Mörder einzusetzen, der schon ein zweites Mal zugeschlagen hat: ein arbeitsloser Musiker ist in seinem Zimmer geradezu abgeschlachtet worden.
Und wieder war bei dem Toten - genau wie bei der eingemauerten Leiche - ein Kalenderblatt zu finden, mit einem Datum, das ganz offenbar das Datum der Mordtat ist.
Mock ermittelt weiter, ist schon bald geradezu besessen von der Jagd nach diesem Täter, den wir heute einen Serienkiller nennen würden - aber zugleich gerät Mocks Privatleben immer mehr aus der Bahn: Sein Neffe ist einer obskuren Malerin verfallen, seine Frau betrügt ihn, verlässt ihn, gerät in die Fänge eines charismatischen Tunichtguts aus dem Filmgeschäft und wird von ihm als Einsatz beim Roulette im Spielcasino in Wiesbaden gesetzt...
Das Szenarium aus Besessenheit und Korruption, Lust und Laster, das Marek Krajewksi entwirft, ist faszinierend und abstoßend zugleich in seiner eindringlichen Schilderung, und sein Kriminalrat Eberhard Mock ist sicher der schillerndste Ermittler der letzten Jahre: Egozentrisch, verfressen, dem Alkohol mehr als zugeneigt, unbeherrscht und sentimental, ein Polizist, der ganz bestimmt keinen Krimi-Fan unberührt lässt.
Krajewski, Marek
Der Kalenderblattmörder
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