29.7.08

Simone Buchholz: Revolverherz

Liebeserklärung an St. Pauli:
Sentimentaler Kiez-Krimi

Knapp 20 Jahre nachdem Frank Göhre mit seiner St. Pauli-Trilogie deutsche Krimi-Geschichte geschrieben hat, steht die "sündigste Meile" Deutschlands wieder im Mittelpunkt eines Krimis - und was für eines. Wo Göhre die düsteren Verstrickungen zwischen Geld und Gangstern, Verwaltung und Verbrechen sezierte, kommt Simone Buchholz mit ihrem betörenden Debüt "Revolverherz" ganz stylish mit einer Liebeserklärung an ihren Kiez daher. Und überzeugt.
Chastity Riley, Deutsche mit amerikanischem Vater, ist Staatsanwältin in Hamburg, einerseits taff und andererseits gnadenlos romantisch, unschlagbar sentimental, wenn es um ihren Kiez und St. Georg geht. Sie raucht wie ein Schlot und trinkt wie ein Kerl, hängt am Wochenende mit ihrer Freundin Carla beim FC St. Pauli ab und bleibt dabei trotz allem Macho-Getue eine Frau - eine unruhige, suchende, unsichere.
Zum Glück hat sie "den Faller" an ihrer Seite, Kommissar bei der Mordkommission. Ein Kerl, der aussieht wie Robert Mitchum in seinen besten Jahren, einer mit Familie und Kindern. Also das absolute Kontrastprogramm zum Gelegenheitsganoven Klatsche aus der Nachbarwohnung, unsteter Gast in Chastitys Leben und ihrem Bett.
Und wo bleibt der Krimi bei der ganzen Sache? Keine Sorge, da kommt man auch ganz auf seine Kosten: Wer ist der Serienkiller, der die Tänzerinnen aus dem »Acapulco« betört, betäubt und skalpiert, um ihre Leichen auf Hamburgs Straßen auszustellen?
Gemeinsam mit ihren männlichen Unterstützern aus Halbwelt und Polizei, die alle wahrscheinlich ebenso ein bisschen in sie verliebt wie der Leser nach den ersten Seiten, macht sich Frau Staatsanwältin auf die Jagd.
"Revolverherz" ist ein betörendes Debüt, sprachlicher und stilistischer Hochglanz, mit Figuren bigger than life und gerade deshalb unvergesslich. Und außerdem eine Liebeserklärung an Hamburg und seine sündigen Ecken.

Droemer Broschur
272 Seiten

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