31.1.20

Hans Borgelt

(Foto: Reinhard Jahn)

Hans Borgelt (1914 - 2000) arbeitete im Zweiten Weltkrieg unter anderem in Paris in der Propagandaabteilung, wo er französische Zeitungen zensierte.
Nach dem Krieg war er Kulturredakteur bei der "Berliner Zeitung" und siedelte um 1950 nach Westberlin, wo er als freier Journalist arbeitete. Von 1953 bis 1968 war er Pressechef der Internationalen Filmfestspiele in Berlin. In  den sechziger Jahren begann  er Drehbücher für Dokumenbtation und Serien zu schreiben.
Er bearbeitete unter anderem Erich Kästners "Fabian" (1979, Regie Wolf Gremm), und verfasste einige Episoden "Für alle Fälle Stefanie". Daneben schrieb er Chroniken über die UFA und ihre Stars, wie etwa Grethe Weiser und  Lilian Harvey.
Auch die beiden Dieter Hallervorden-Filme "Der Doppelgänger"(1984) und "Didi und die Rache der Enterbten" (1985) zu denen Borgelt nach den Drehbüchern von Christian Rateuke und Hartmann Schmige die jeweiligen Filmromane verfasste, sind Produktionen der (neuen) UFA, der Borgelt eng verbunden war.
Hans Borgelt war ein Cousin des DDR-Polizeiruf-Darstellers ("Hauptmann Fuchs") Peter Borgelt.

22.1.20

Mittagspause mit Margot...


Margot Bennett (1912 - 1980) war eine schottische Krimiautoren, die  zum Teil in Australien aufwuchs. Bevor sie Romane  veröffentlichte, arbeitete sie als Werbetexterin in Sydney und London.
Bei Ausbruch des Bürgerkriegs in Spanien meldete sie sich 1936 als Krankenschwester.
Während des Krieges lernte sie Richard Bennett (1912-1999) kennen, einen englischen Journalisten und Schriftsteller, der seit 1936 in der spanischen republikanischen Armee gedient und für Radio Catalan gearbeitet hatte.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs begann Margot Bennet selbst zu schreiben; neben einigen Kriminalromanen verfasste sie eine ganze Reihe von Drehbüchern.


Feature Films von Margot Bennett
The Man Who Liked Funerals (GB 1959, Regie David Eady)
The Crowning Touch  (GB 1959, Regie David Eady)


1958 erhielt sie den Gold Dagger Award der britischen Crime Writers’ Association (CWA) für den hier gezeigten Thriller "Jemand aus der Vergangenheit" („Someone from the past“)
 

Anmerkung: Der Gold, bzw Golden Dagger ist eine Auszeichnung, die seit 1960 jährlich von der Crime Writers ' Association des Vereinigten Königreichs für den besten Kriminalroman des Jahres vergeben wird. Von 1955 bis 1959 nannte die Organisation ihre höchste Auszeichnung den "Crossed Red Herrings Award", nachträglich wurden oft in Preisträgerlisten die mit dem "Crossed Red Herrings Award" ausgezeichneten Autoren als Preisträger des "Golden Dagger" geführt.
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Deutsche Ausgaben von Margot Bennett
1982 Einer blieb zurück (The man who didn't fly), Deutsch Ursula Schottelius, Frankfurt/M und Berlin: Ullstein


1982 Jemand aus der Vergangenheit („Someone from the past“) Deutsch von Edith Walter, Frankfurt/M ; Berlin ; Wien : Ullstein

1982 ... und plötzlich war sie Witwe (The widow of Bath)  Mit e. Nachw. von Jochen Schmidt, Frankfurt/M ; Berlin ; Wien : Ullstein

1983 Schatten um den König (Farewell crown and goodbye king), Deutsch von Ute Tanner, Frankfurt/M ; Berlin ; Wien : Ullstein

1998 Jemand aus der Vergangenheit („Someone from the past“) Deutsch von Edith Walter, Reinbek bei Hamburg : Rowohlt 

16.1.20

Round Robins - Krimi-Kettenromane

 
Doppelter Tod - ein klassischer Kriminalroman aus dem Jahr 1939
(Foto: Reinhard Jahn)

Bei dem Titel, der zuerst 1939, also im Golden Age des britischen Krimis erschien, handelt es sich um einen sogenannten "Round Robin", zu deutsch etwa "Kettenroman", der von verschiedenen Autoren verfasst wurde.
Drahtzieher bei diesem Projekt war die Presse - der "Sunday Chronicle" und die "Allied Newspaper". Laut Beschreibung verfassten die Autoren ihre Kapitel nacheinander, wobei sie vorher keine (!!) Absprachen über Plot oder Personen getroffen hatten. Jeder schrieb einfach nach dem letzten Kapitel des Manuskriptes weiter, das er bekommen hatte. Was die Arbeit für die "hinteren" Autoren zunehmend schwieriger machte, und die des abschließenden "Redakteurs" natürlich auch. (Zumal, wie der Redakteur hier im Vorwort anmerkt, sich auch einige Teilnehmer Änderungen in ihren Kapiteln verbaten.)

(Foto: Joachim Anlauf)
Vorbild dieses Romans hier war wohl "The Floating Admiral" (Die letzte Fahrt des Admirals) ein kollaborativer Kriminalroman, der 1931 von vierzehn Mitgliedern des Detection Club geschrieben wurde. Im deutschen Bereich fanden sich im Jahr 2000 zehn KollegInnen von Alberts (Jürgen) bis Venske (Regula) zum "Gipfeltreffen zusammen.
Eine ganz spezielle Art des Round Robins war dann 2005 der Anthologieroman "Hotel Terminus" - Ein Kriminalroman von zwölf Autoren, in dem die jeweiligen Autoren ihre Stories  in ein vorgegebenes Hotel mitsamt seines Personals "einziehen" ließen.



Zimmer mit Mord
(Foto: Reinhard Jahn)
Ein ähnliches  Konzept verfolgt "Zimmer mit Mord", eine Anthologie, die einen Zeitraum von 70 Jahren umfasst und in einem fiktiven "Hotel Bellevue" spielt, dessen Concierge "Monsieur Gisbert" eine literarische Spiegelung des Autors Gisbert Haefs ist, anlässlich dessen 70sten Geburtstag dieser Titel erschien.
Ein erstklassiges Hotel von 1913 bis 1969 in Köln: 16 deutsche Krimiautorinnen und -autoren verbreiten Hochspannung und Humor in ihren kriminellen Geschichten um hektische Mörder, schwere Koffer und verstörte Reisende. Die Autoren sind: Ingrid Noll, Gisa Klönne, Romy Fölck , Ralf Kramp, Carsten Henn, Elke Pistor, Volker Bleeck, H. P. Karr, Ilka Stitz, Jan-Erik Sander, Sabine Trinkaus, Klaus Stickelbroeck, Brigitte Glaser, Heidi Möhker, An­dreas Izquierdo und Paul Schaffrath.

Zimmer mit Mord
Kriminelle Hotelgeschichten
Originalausgabe, Januar 2020
ISBN 9783870623296

8.1.20

Nora Luttmer: Der letzte Tiger

Kommisar Pham Van Ly ermittelt in Hanoi – und zwar zunächst einmal nur halboffiziell oder fast privat: Sein Freund Troung ist gestorben - dem Anschein nach ein Haushaltsunfall mit einem defekten Kühlschrank. Misstrauisch und aufmerksam wird Ly durch die Fotos von Tieren in Käfigen, die er in Troungs Nachlass findet. Hat Troung sie bei einem Ausflug in eine Ortschaft an der Nähe zur Grenze zu Laos aufgenommen, den er vor kurzem machte? Was hat Troung in dem Ort gesucht, in dem offenbar "die Baronin", eine Großgrundbesitzerin, das Sagen hat - die bald darauf auch in Hanoi auftaucht.

Dort muss sich Ly dienstlich mit dem "Tigerfall" beschäftigen – ein betäubter Tiger auf der Lagefläche eines Transporters wurde früher als erwarter wach und tötete den Fahrer. Rasch ermittelt Ly, dass der Zwischenfall mit einer kriminellen Organisation zusammenhängt, die exotische Tiere schmuggelt und tötet, um die für Restuarants – aber auch zur Herstellung natürlicher Medizin zu verwenden. Aber auch lebendigen Kragenbären wird die Gallenflüssigkeit entfernt, der Heilkräfte zugeschrieben werden. Und die "Baronin", die Ly schon kennengelernt hat, scheint tief in diese Machenschaften verwickelt zu sein.


Nora Luttmer hat Südostasienkunde mit Schwerpunkt Vietnam studiert, und man spürt, dass sie die Schauplätze ihrer Geschichte, die Mentalität der Vietnamesen und die Besonderheiten des Landes aus eigener Erfahrung kennt. Ihr Lokalokolorit ist sehr dicht, sehr detailliert beschrieben und wegen der exotischen Kulisse außerordentlich fazinierend. Und das Thema – darf man Tiere töten, um Naturheilmittel mit zweifelhafter Wirkung herzustellen – ist auch nicht ohne.

Nora Luttmers Debütroman "Schwarze Schiffe" war für den Friedrich Glauser Preis nominiert.
Üppige Atmophäre, viel Landeskunde und ein ungewöhnlicher neuer Ermittler: Kommissar Ly aus Hanoi ist einer der intressantesten Detektive, von denen man in der letzten Zeit gelesen hat.
(Reinhard Jahn WDR5 Mordsberatung)

Nora Luttmer:
Der letzte Tiger
Broschur, 275 Seiten
Aufbau Taschenbuch, 2013
978-3-7466-2961-2