28.8.23

Frank Göhre: Harter Fall

Frank Göhre: Harter Fall. Kriminalroman.
culturbooks,  2023. Klappenbroschur. 168 Seiten.

Das Buch
In kurzen, schnellen Szenen entwirft der Meister des deutschsprachigen Noir eine spannende Geschichte zwischen Hamburger Kiez und Jamaika.









 Frank Göhre, Jahrgang 1943, wuchs in Bochum auf, verließ mit 15 das Gymnasium und machte eine Lehre als Großhandelskaufmann, daran schloss sich eine Ausbildung zum Buchhändler an.

Neben seiner beruflichen Tätigkeit in der Stadtbücherei Wattenscheid und ab 1976 für den Weismann/Frauenbuchverlag (München) schrieb Frank Göhre in den nächsten Jahren Hörspiele, Rundfunkbeiträge und weitere Romane.

Später siedelte Göhre nach Hamburg über und arbeitete mit dem Regisseur Carl Schenkel am Drehbuch zu dem Kino-Thriller ABWÄRTS, zu dem er die Dialoge und den Filmroman schrieb. Nach intensiven Recherchen im Kiez-Milieu erschien in den folgenden Jahren die St. Pauli-Trilogie DER SCHREI DES SCHMETTERLINGS, DER TOD DES SAMURAI und DER TANZ DES SKORPIONS.

Schon nach der Veröffentlichung von DER SCHREI DES SCHMETTERLINGS, für den Göhre mit dem   DEUTSCHEN KRIMI PREIS 1987 ausgezeichnet wurde, wurde er zur ersten Garde der deutschen Spannungsschreiber gezählt. Seine durch dichte, lebensnahe Dialoge charakterisierten Figuren der Kiez-Trilogie werden in alltägliche Verbrechen verwickelt, hinter denen Göhre stets die gesellschaftliche Dimension anzudeuten versteht. In den beiden folgenden Bänden der St.-Pauli-Trilogie verarbeitete Göhre die authentischen Ereignisse um den "Kiez-Killer" Werner Pinzner.

Frank Göhre:
Harter Fall. Kriminalroman.
culturbooks
, 18. September 2023.
Klappenbroschur. 168 Seiten.
ISBN 978-3-95988-191-3


26.8.23

Bombe im Tal

Kommissarin Sandra Santori hat es nicht leicht auf ihrer neuen Dienststelle in Wuppertal. Der Kollege ein gewöhnungsbedürftiger Pedant, der Chef steckt in alle Ermittlungen seine Nase hinein. Wie etwa in Sandras Untersuchung des Bombenanschlags auf ein Auto mit drei Insassen – da liegt plötzlich Terror-Verdacht über der Schwebebahnstadt. Doch ganz so hoch hängt die zugezogene Wuppertalerin Petra Pallandt in Bittere Rache den Kriminalfall dann doch nicht. Sandra Santoris Ermittlungen führen erst ins Milieu halbseidener Musikproduzenten und dann zum organisierten Drogenhandel im Tal. Und fast ebenso wichtig wie die Auflösung des letztlich überschaubaren Krimirätsels ist in dem ersten Roman der ausgebildeten Psychotherapeutin die Schilderung der inneren Dynamik im Ermittlerteam und die behutsame Annährung zwischen Sandra Santori und ihrem am Ende gar nicht mehr so seltsamen Kollegen. rja

Heimat-Krimi mit Herz (drei Sterne)  (Reinhard Jahn, Mordsberatung auf WDR5)

Petra Pallandt:
Bittere Rache
KBV, 350 Seiten, 11,95 €

Edney Silvestre: Der stumme Zeuge

Zur Nachbetrachtung der Olympischen Spiele in Brasilien eignet sich "Der stumme Zeuge" von Edney Silvestre ganz hervorragend. Die Geschichte vom Kidnapping eines kleinen blonden Jungen, den die Entführer aus Versehen für den Sohn der kriminellen Werbefachmannes Bettencourt halten, stößt ein Kaleidoskop von kriminellen Geschichten quer durch die Gesellschaft an. Mit kühler Beobachtung und analytischem Zugriff erzählt der Journalist und Edney Silvestre über die Industrie der Gewalt und des Geldes im Brasilien. Dass dabei die auslösende Kidnapping-Story oft nur als Roter Faden dient, an dem in diesem Debütroman die einzelnen Szenen aufgefädelt werden, ist ein leicht zu durchschauender Kunstgriff, dem man dem Autor schnell verzeiht. Denn das Brasilien-Bild. das er zeichnet, ist packender als der eigentliche Krimi. rja   (vier Sterne)

Eine packend gezeichnetes Portrait des brasilianischen Gesellschaft, ein Kriminalroman, der genau hinschaut und die Struktur von Gewalt und Verbrechen seziert.
(Reinhard Jahn, WDR5 Mordsberatung)

 Edney Silvestre
Der stumme Zeuge
Limes


Jack Reacher Band 18

 Seinen Fans muss man Jack Reacher nicht mehr vorstellen – den amerikanischen Ex-Militärpolizisten, der als eine Mischung aus Sherlock Holmes und John Wayne bei seinen Reisen durch die Staaten in immer neue Abenteuer verwickelt wird. Sein 18. Fall ist jetzt auf deutsch erschienen. "Die Gejagten" ist Action-Abenteuerkino mit Anspruch. Was mit Jack Reachers Spontan-Visite auf seinem ehemaligen Stützpunkt beginnt, dessen neue Kommandeurin er kennenlernen möchte (er hat sich in ihre Telefonstimme verliebt), entwickelt im sich im typischen Reacher-Stil zu einem cleveren Jagd nach den Hintergründen eines großen Komplotts. Diesmal geht es um Geschäftemacherei mit den Beständen der demobilisierten US-Armee in Afghanistan. Das ist aufregend und interessant – aber nur halb so spannend wie die seltsame Liebesaffäre die sich zwischen Reacher und der Kommandeurin entwickelt.
Jack Reacher ist der Held des 21. Jahrhundert – clever, smart und menschlich. Also der perfekte große Bruder, den wir uns alle wünschen.
 (Reinhard Jahn -  Die Mordsberatung auf WDR5)

Lee Child
Die Gejagten
Blanvalet

7.8.23

Aus dem Bücherschrank: Mister Dynamit

 Heute im Bücherschrank: 

Bob Urban aka "Mister Dynamit", BND-Agent Nummer 18, der deutsche Bond

Erfunden von C.H. Guenter (bzw. Karlheinz Günther, 1924 - 2005), neben Heinz Werner Höber der Gottvater des Heftkrimis in den siebziger Jahren. Guenter schrieb, das soll auch nicht verschwiegen werden, anfangs ein paar "Landser"-Hefte und dann alles, was man unter "Männer-Roman" zusammenfasste. Sein erster großer Wurf war die Erfindung des New Yorker Privatdetektivs Jo Louis Walker (1959) alias "Kommissar X", den man vom Pabel-Verlag aus gegen den G-Man Jerry Cotton von Bastei ins Feld schickte. 

Guenters größter Coup war dann die Erfindung von Bob Urban, alias "Mister Dynamit". 1965 gestartet als Agentenromane innerhalb der Pabel Taschenbuch-Reihe waren die ersten Titel liebevoll geschriebene Kopien der megamäßig erfolgreichen Bond-Filme. Bald wurden die Mister Dynamit-Romane aus der Taschenbuchreihe herausgenommen und bekamen eine eigene Reihe. Die insgesamt 314 Romane, die bis 1992 erschienen, kamen als Taschenbücher heraus und wurden - soweit bekannt - alle von Guenter selbst geschrieben. Denn der Meister hatte am Anfang gut verhandelt und sich die Figuren- und Reihenrechte an "Mister Dynamit" selbst vorbehalten, statt sie wie sonst seinerzeit bei solchen Kreationen üblich, an den Verlag abzutreten. Man spricht von Auflagen zwischen 120.000 und 200.000 Exemplaren pro Abenteuer - in den besten Zeiten.

"Mister Dynamit", der Agent mit der Nummer 18, ist zwischen 180 und 187 cm groß, hat braunes Haar und graue Augen. Er wohnt in einem Penthouse in Schwabing. Er studierte Hochfrequenztechnik und Maschinenbau und promovierte zum Thema Halbleitertechnik. Bei der Bundeswehr stieg er bis zum Rang des Majors auf und heuerte anschließend beim BND an. Am Anfang der Serie bewegte sich Urban mit einem Porsche, den er gegen einen Mercedes 300SL und später gegen verschiedene BMWs eintauscht.

Mister Dynamit-Romane sind in jenem testosterongeschwängerten, breitbeinigen Männertonfall der Agententhriller aus der Bond-Schublade geschrieben, die zu jener Zeit im Kino als "Eurospy"-Produktionen mehr oder weniger Erfolg hatten. Guenter ist ein Meister der Klappentexte und der ersten Kapitel - in denen garantiert immer die Post abgeht: Polit-Intrigen, immer wieder machtgeile Verbrecher und sehr gerne immer wieder schlimme Waffen und andere Vermächtnisse aus dem Dritten Reich, die irgendwelchen Unholden in die Hände fielen. Mister Dynamit-Romane sind bester Trash, gnadenlos unterhaltsam und stets spannend bis zur letzten Zeile.

P.S: Mit "Morgen küsst euch der Tod" fiel ein Dynamit-Roman dem deutschen Film in die Hände, wo er von F.J. Gottlieb mit Ex-Old-Shatterhand Lex Barker als Mister Dynamit verfilmt wurde, eine Produktion, die zu den schlimmsten SchleFaZ-en aller Zeiten gehört. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.