13.3.21

Krimi der Woche

Original und Fälschung
So gut wie echt

Von H.P. Karr

 Der Mann im Kaschmirmantel interessierte sich nun schon seit einer Viertelstunde für die »Farben im Nebel«. Hanna Herzog stellte das Bild erst seit kurzem in ihrer Galerie aus. Laut Prospekt stammte es von August Graumayer, dessen Bilder zuletzt stark im Wert gestiegen waren.
   »Ich habe das Bild in Kommission«, sagte Hanna zu dem Mann. »Der Besitzer muss es verkaufen.«
   »Wieviel?«
   »Achtzehntausend«, sagte Hanna.
   »Das wäre ein guter Preis für einen echten Graumayer!«
   Hanna lächelte in sich hinein, denn sie hatte die »Farben im Nebel« selbst gemalt. Der Stil des Malers lag ihr, fand sie.
   »Ein Graumayer ist eine sichere Geldanlage«, fuhr Hanna fort. »Sie wissen, dass er seit zehn Jahren nicht mehr malt.«
   »Achtzehntausend«, murmelte der Kunde. »Das ist viel Geld für einen gefälschten Graumayer.«
   Hanna schluckte. »Ge ... fälscht?«
   Der Mann musterte das Bild. »In der letzten Zeit sind einige gefälschte Graumayers aufgetaucht. Und alle Bilder stammen aus Ihrer Galerie.«
   »Bitte«, stammelte Hanna. »Ich habe meine Graumayers immer nur verkauft, wenn ich Geld brauchte.«
   Der Mann hatte inzwischen Hannas Atelier entdeckt und dort auf der Staffelei einen weiteren »Graumayer«. »Gesicht im Nebel« wollte Hanna ihn nennen.
   »Wunderbar!« Der Mann griff nach dem Pinsel und malte etwas in die rechte untere Ecke. »Jetzt ist es ein echter Graumayer!«
   Hanna starrte auf die Signatur, die der Mann auf das Bild gesetzt hatte.
   »Sie ... sind ...«
   »August Graumayer«, sagte der Mann. »Und wir werden sehr viel Geld verdienen.« Graumayer hob die Hand und Hanna sah, dass sie stark zitterte. »Eine tückische Krankheit«, erklärte Graumayer. »Für eine Signatur reicht es gerade noch, aber malen kann ich nicht mehr. Doch dafür habe ich ja nun Sie, meine Liebe.«
   »Aber… das wäre doch ... und Betrug!«
   Graumayer lächelte. »Nicht mehr und nicht weniger, als es bisher Betrug war, oder?«
   ENDE
   


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Ein Mord in einem verschlossenen Raum, ein tückisch arrangierter Unfall, ein vergifteter Drink – in jedem Fall ein Fall für Kommissarin Katja Kampp von der SOKO RUHR. Mit messerscharfer Kombinationsgabe ermittelt die clevere Kriminalistin innerhalb kürzester Zeit, wer der Täter ist.

H.P. Karr

Ein Fall für Kommissarin Katja Kampp

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Für seine aktuellen Ratekrimis erfand der Essener Autor H.P. Karr die ebenso clevere wie attraktive Hauptkommissarin Katja Kampp von der SOKO Ruhr. Sie ermittelt überall dort zwischen Duisburg und Dortmund, wo Erfahrung und Kombinationsgabe gefragt sind. Das Besondere an ihren Fällen: Die Leser können gemeinsam mit der Kommissarin ermitteln - und wenn sie genau aufgepasst haben, wissen sie am Ende genau so viel wie die Kommissarin und können den Täter überführen.


H.P. Karr
Original und Fälschung
Erstveröffentlichung
BNN 13.3.2021
© by author / R. Jahn
 Verbeitung nur mit Genehmigung
   

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