Duell in der Sonne
Von Don RidgemondDie Streifenrunde von Wachtmeister Rudi Hansen führte von Kleinberghusen an Bruno Eybes Hühnerfarm vorbei bis zu Rita Grabbes Tankstelle. Vierzig Kilometer, und bei 30 Grad im Schatten kein Vergnügen.
Dass Hansen die Streife trotzdem gern fuhr, lag an dem warmen Lächeln und der kalten Cola, mit der Rita Grabbe den durchgeschwitzen Dorfpolizisten immer empfing.
An der Bushaltestelle bei Eybes Hühnerfarm lehnte ein Fremder, groß, drahtig, in einer Fliegerjacke.
Fünf Minuten erreichte Rudi Ritas Tankstelle. Er spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. Rita lag neben der aufgebrochenen Kasse. Ein altes Zündkabel war um ihren Hals geschlungen.
*
»Erwürgt«, sagte Doktor Schüller. Mit ihm war Hauptwachtmeister Bolker aus Großberghusen gekommen, Hansens Revierleiter.
Hansen ballt die Fäuste. »Den Kerl bringe ich um!«
»Du kühlst dich erst einmal ab!«, blaffte Bolker. Er schob Hansen neben den Cola-Automaten und warf einen Euro ein. Polternd fiel eine Dose aus dem Schacht und wurde kräftig durchgeschüttelt, ehe sie in die Ausgabe rollte. Eine Leuchtanzeige blinkte: Leer
Bolker riss die Dose auf. Die geschüttelte Cola spritzte auf sein Hemd.
Bolker fluchte. Hansen kümmerte sich nicht mehr um seinen Chef. Er lief zum Streifenwagen. Er ahnte, wo er den Mörder finden konnte.
* * *
Als er die Bushaltestelle erreichte, war der Fremde verschwunden. Nur der alte Hinnerk hockte auf der Bank.
»Hier stand vorhin noch ein ein Kerl!«, fragte Hansen.
»Den hat der Ole mitgenommen«, knurrte Hinnerk. »Ins Dorf!
* * *
Oles Pickup parkte vorm Dorfkrug. Hansen ging hinein. Der Fremde kam gerade von der Toilette zurück. Die Fliegerjacke hatte er sich um die Schultern gehängt.
»Sie waren vorhin bei der Bushaltestelle!«, sagte Hansen. »Waren Sie auch an Ritas Tankstelle?«
»Kann mich nicht erinnern!«
Wütend packte Hansen den Fremden an der Schulter. Dabei riß er ihm die Fliegerjacke herunter. Auf dem Hemd des Fremden waren ein paar große, feuchte, braune Flecke.
»Und was ist das hier?« Hansen deutete auf die Flecken. »Der Cola-Automat in Ritas Tankstelle war fast leer. Die letzten Dosen wurden durchgeschüttelt, bevor sie herauskamen. Und wenn man eine geschüttelte Dose aufmacht, passiert natürlich so etwas.«
Hansen riss seine Waffe aus dem Holster und richtete sie auf den Fremden.
»Sie hat sich gewehrt!«, keuchte der Fremde. »Ich wollte doch nur das Geld.«
»Jetzt bekommst du, was du verdienst!« Hansen entsicherte die Waffe.
»Das reicht!« Hauptwachtmeister Bolkers Stimme dröhnte durch die Kneipe. »Steck ein, Rudi!«
Hansens Hand zitterte.
»Rudi!«, sagte Bolker.
Langsam steckte Hansen die Waffe weg. Manchmal war es verdammt schwer, ein Polizist zu sein.
ENDE
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Quelle:
Don Ridgemond:
Duell In der Sonne
Erstveröffentlichung:
Rhein-Ruhr-Markt, Essen,
Ausgabe 7/1991
© by author / Jahn facts&fiction
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