Blinder Passagier
Von Jackie Kowal
Enno wartete, bis Nero Sturm seinen Luxuswagen in die Waschstraße gefahren hatte, dann glitt er geschmeidig in den Kofferraum. Genug Platz zum Warten gab es hier für ihn als blinden Passagier. Nachher würde Nero Sturm zu seiner Firma im Hafen fahren. Welche Geschäfte er mit der »Sturm Im- und Export« machte, hatte Enno nicht herausgefunden. Es sprang auf jeden Fall viel Geld dabei heraus – nicht nur für Sturms Luxusschlitten, den er regelmäßig durch die Waschstraße fuhr, sondern auch für die bestens gesicherte Villa in der Vorstadt. Da würde sich jede Menge Beute machen lassen – wenn Ennos Plan funktionierte.
Im Kofferraum roch es nach Leder und Gummi. Enno spürte, wie der Wagen aus der Waschanlage rollte und den Hafen ansteuerte. Sturms Geschäftspartner waren Südamerikaner, sie lieferten ihre Ware in Containern und tauchten alle paar Wochen zu Verhandlungen auf.
Enno wartete. Gähnte. Gegen sieben rollte der Wagen wieder los, jetzt ging es zu Sturms Villa und dort in die gesicherte Garage.
Enno wartete weiter, bis er gegen drei in der Nacht aus dem Kofferraum glitt. Im Haus fand er nicht nur Sturms Sammlung wertvoller Uhren, er entdeckte auch noch Ringe, Goldkettchen und einige Bündel Bargeld. Mit der Beute ging es zurück in die Garage und wieder in den Kofferraum. Jetzt musste Enno nur noch abwarten, dass Sturm morgen zum Hafen fuhr, wo er stets am Containerladeplatz parkte. Stunden später entnahm er den Fahrgeräuschen, dass es losging. Es holperte, der Motor ging aus, die Wagentür klappte, es wurde still und …
… draußen griff Nero Sturm zum Handy und rief seinen Geschäftspartner an. »Dir hat doch bei deinem Besuch mein Wagen so gut gefallen, amigo«, sagte er. »Erlaube mir, ihn dir zu schenken. Ich lasse ihn gerade im Container aufs nächste Schiff verladen. In zwei Wochen ist er bei dir – vollgetankt und frisch gewaschen.«
Er sah dem Container mit dem Wagen nach, wie er vom Ladekran aufgenommen wurde und unter den hunderten von Containern im Terminal verschwand.
ENDE
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Diese Schlagzeile könnte Leo King das Genick brechen. Ausgerechnet jetzt, wo er eine neue Tour plant. Was für ein Glück, dass sein gutmütiger Freund und Bassist Benno sich der Polizei als Unfallfahrer präsentiert. Also alles gut für Leo King?
Keineswegs.
Jackie Kowal:
Blinder Passagier
BNN 21/2022 vom 28.5.2022
© by author / R.Jahn
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