Auf der Flucht
Kriminalstory von Jackie Kowal
Zum Glück hörte Brunner den Hubschrauber, ehe er die Maschine am Himmel über sich auftauchen sah. So hatte er Zeit genug, sich von der Landstraße in die Büsche am Rand eines Wäldchens zu schlagen. Inzwischen waren seit seiner Flucht drei Stunden vergangen und die Fahndung nach ihm musste auf Hochtouren laufen - Jo Brunner, 32, geflüchtet aus der JVA Erlenstamm, wo er eine Haftstrafe wegen verschiedener Raubdelikte verbüßte.
Nachdem er über das Dach der Gefängniswäscherei abgehauen war, hatte er die ersten zwanzig Kilometer als blinder Passagier auf einem Lastwagen hinter sich gebracht.
Der Hubschrauber drehte ab, und im gleichen Moment sah Brunner den blauen Renault auf dem Wirtschaftsweg. Der Fahrer war ausgestiegen und erleichterte sich am nächsten Baum. So eine Chance konnte Brunner sich nicht entgehen lassen.
Er griff sich einen Ast, schlich sich an und schlug zu. Benommen ging der Kerl zu Boden, und Brunner wuchtete ihn ächzend in den Kofferraum des Renault.
»Nichts für ungut, Kumpel - ich borge mir nur mal kurz deinen Wagen!«, sagte er und ließ die Klappe zufallen.
Gleich darauf war er mit dem Renault auf der Landstraße unterwegs in Richtung Süden. Wenn er erst einmal auf der Autobahn war, würde alles viel leichter werden, weil er da im Strom der Fahrzeuge untertauchen konnte.
Zufrieden lehnte er sich im Fahrersitz zurück und entspannte sich ein bisschen. Er machte das Radio an, es gab Popmusik und Nachrichten aus aller Welt.
Die Plastiktüte auf dem Beifahrersitz hatte er bis jetzt nicht beachtet. Als er sie kontrollierte, richteten sich auf einmal seine Nackenhaare auf. Geldbündel rutschten ihm entgegen, Fünfziger, Zwanziger, auch Hunderter. Alle mit den Banderolen der Sparkasse Erlenstamm.
Im Radio sagte der Sprecher: »Noch immer fahndet die Polizei in der Umgebung vom Erlenstamm nach dem flüchtigen Bankräuber, der heute Vormittag bei einem Überfall auf die Sparkasse Erlenstamm fünfzigtausend Euro Beute machte. Der Täter verletzte dabei eine Bankangestellte schwer. Er ist in einem blauen Renault auf der Flucht und wird wie folgt beschrieben ...«
Diesmal hörte Brunner den Hubschrauber nicht, sondern sah ihn erst, als er ihm über die Felder entgegenkam. Und dann tauchten auch schon die Blaulichter der ersten Streifenwagen im Rückspiegel auf.
Brunner kämpfte gegen das bittere Gefühl des Scheiterns und ging vom Gas. Der Wagen rollte aus. Aus dem Kofferraum kam ein Klopfen.
»Ja, ich weiß, Kumpel«, sagte Brunner laut, »das ist heute nicht unser Tag.«
ENDE
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