22.8.20

Krimi der Woche



 Angst im Gericht

 Von Moni Daurel

 Kriminalhauptkommissarin Inga Schumann wartet auf dem Gerichtsflur, um ihre Aussage im Mordfall Marco Tennberg zu machen. Gegen den wird hier verhandelt – wegen Mordes an seiner Ehefrau. Der Kommissarin gegenüber sitzt Dr. Uwe Mey, von dessen Gutachten über den Todeszeitpunkt von Ilona Tennberg die Verurteilung des Finanzmaklers abhängt. Erst mit neuesten Methoden konnte Mey nachweisen, dass Ilona Tennberg am Pfingstmontag um 21 Uhr bereits tot war – für diese Zeit hat Tennberg kein Alibi.
   Die Kommissarin wird aufmerksam, denn Dr. Mey wirkt unruhig. Ein Zettel rutscht aus seinen Unterlagen. Die Kommissarin hebt ihn auf, es ist eine anonyme, hingekritzelte Botschaft: »Überdenken Sie Ihr Gutachten, oder der kleinen Susanne passiert etwas!«
   Inga Schumann rückt an den Gutachter heran. »Was bedeutet das?« Der Mediziner gibt zu: »Den Zettel hat man mir letzte Nacht in den Briefkasten geworfen. Ich soll aussagen, dass Ilona Tennberg am Pfingstmontag um 22 Uhr starb. Für diese Zeit hat Marco Tennberg ja ein Alibi.« Mey schluckt. »Meine Nichte Susanne ist sieben Jahre, sie bedeutet mir alles.«
   Eine Frau kommt von der Damentoilette und setzt sich auf die Bank gegenüber. Kommissarin Schumann kennt Gerty Brenner von ihren Ermittlungen gegen Tennberg. Sie ist seine Geliebte und seine Alibizeugin.
   Gerty lächelt knapp und böse herüber. »Sie werden hoffentlich das Richtige tun, Doktor!«
   Die Kommissarin muss sich beherrschen. »Stecken Sie hinter der Drohung gegen Dr. Mey?«
   »Natürlich nicht!« Gerty wendet sich an Mey: »Mit Ihrem Gutachten können Sie Marcos Leben zerstören. Fragen Sie sich, was Sie Ihrer Schwester sagen, wenn Ihrer Nichte etwas passiert!«
   Sekunden später klicken Handschellen um Gertys Handgelenke. »Sie sind verhaftet«, sagt die Kommissarin. »Von Ihnen stammt die Drohung, die Mey im Briefkasten fand, denn darin war nur von ›Susanne‹ die Rede – aber Sie wussten eben, dass ›Susanne‹ Meys Nichte ist, die Tochter seiner Schwester.«
   »Zeuge Mey bitte in den Gerichtssaal«, tönt es aus dem Lautsprecher.
   Der Gutachter erhebt sich. »Danke«, sagt er zu der Kommissarin, ehe er den Saal betritt.
   ENDE
  





Moni Daurel:
Angst im Gericht
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34-2020 vom 22.7.2020
(C) by author/Reinhard Jahn