19.1.17

Deutscher Krimipreis 2017





Unter der organisatorischen Obhut des Bochumer Krimi Archivs hat die Jury - der führende Krimi-Kritiker und Krimi-Buchhandlungen angehören - die Neuerscheinungen des Jahres 2016 kritisch und unabhängig geprüft.

Der Deutsche Krimi Preis 2017 geht an:

NATIONAL:
1. Platz:  Max Annas: Die Mauer (Rowohlt)

2. Platz:  Simone Buchholz: Blaue Nacht (Suhrkamp)

3. Platz:  Franz Dobler: Ein Schlag ins Gesicht (Tropen)

INTERNATIONAL:

1. Platz:  Donald Ray Pollock: Die himmlische Tafel  (The Heavenly Table)
Deutsch von Peter Torberg (Liebeskind)

2. Platz: Liza Cody: Miss Terry (Miss Terry)
Deutsch von Grundmann und  Laudan (Ariadne bei Argument)

3. Platz:  Garry Disher: Bitter Wash Road (Bitter Wash Road)
Deutsch von Peter Torberg  (Unionsverlag)

Der Deutsche Krimi Preis ist nicht dotiert. Eine öffentliche Preisverleihung findet auch in diesem Jahr nicht statt. Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre Leser, Hörer und Zuschauer mit den Preisträgern bekannt machen.

Die Jury:
Volker Albers (Hamburger Abendblatt) / Andreas Ammer (ARD) / Monika Dobler (Krimibuchhandlung Glatteis, München) / Tobias Gohlis (Die Zeit) / Joachim Feldmann (Kritiker) / Günther Grosser (Kritiker) / Cornelia Hüppe (Krimibuchhandlung Miss Marple, Berlin) / Reinhard Jahn (Bochumer Krimiarchiv) / Hermann Kling / Christian Koch (Krimibuchhandlung Hammett, Berlin) / Hans W. Kohlmann (Krimibuchhandlung Whodunnit, Leipzig) / Alf Mayer (Kritiker) / Peter Münder (Kritiker) / Wolfgang Niess (SWR) / Ulrich Noller (WDR) / Michaela Pelz (krimi-forum.de) / Thomas Przybilka (BoKAS) / Kirsten Reimers (Kritikerin) / Robert Schekulin (Buchhändler) / Jan C. Schmidt (kaliber38.de) / Sylvia Staude (Frankfurter Rundschau) / Bettina Thienhaus (Kritikerin) / Jutta Wilkesmann (Krimibuchhandlung Die Wendeltreppe, Frankfurt) / Thomas Wörtche (Kritiker)
Die Kritiker der Jury stimmen nicht für Titel, an deren Veröffentlichung sie aktiv beteiligt sind.

Informationen über den Deutschen Krimi Preis: www.deutscher-krimipreis.de

Hintergrund zu den Preisträgern
1. Platz: Max Annas: Die Mauer (Rowohlt)
Worum geht es in dem Buch?
Es geht um Moses, einen schwarzen Studenten, der auf dem Rückweg von seinem Professor in einer Vorstadtgegend in der südafrikanischen Provinz direkt vor einer Gated Community eine Autopanne hat. Weil Moses' Handy leer ist, sucht er Hilfe dort - und wird im Handumdrehen vom Hilfesuchenden zum Gejagten diverser Wachleute.
Warum wurde das Buch ausgezeichnet?
Max Annas hat eine beeindruckende Fähigkeit, schlaue Plots in konzentrierte, schlanke, fesselnde Thriller zu packen. Das ist schon sehr klasse, wie er die südafrikanische Gesellschaft mit ihren (Rassen-)Konflikten an Orten verdichtet, an denen er diese Konflikte in einer Modell-Anordnung wie auf einer Bühne durchexerzieren kann. Max Annas bindet die urbane Architektur direkt in die Entwicklung seiner Story ein, und das gibt dem Ganzen nochmal einen besonderen Effekt. (Ulrich Noller, WDR)
Wer ist der Autor?
Max Annas (* 1963 in Köln)  war lange Zeit Journalist und hat Bücher über Politik und Kultur veröffentlicht, sowie Filmfestivals und –reihen organisiert. Annas hat lange in Südafrika an der Universität von Fort Hare in East London in der Provinz Ostkap zu südafrikanischem Jazz geforscht. Jetzt lebt er in Berlin.

2. Platz: Simone Buchholz: Blaue Nacht (Suhrkamp)
Worum geht es in dem Buch?
Hamburg: Weil sie einen Vorgesetzten der Korruption überführt und einem Gangster die Kronjuwelen weggeschossen hat, ist Staatsanwältin Chastity Riley jetzt Opferschutzbeauftragte und damit offiziell kaltgestellt. Das Opfer ist ein Mann ohne Namen, der übel zugerichtet ins Krankenhaus eingeliefert wird. Riley gewinnt sein Vertrauen. Bei zwei bis acht Bier auf der Krankenstation nennt er ihr schließlich einen Namen. Nicht seinen, aber es ist eine Spur…
Warum wurde das Buch ausgezeichnet?
Schon zum sechsten Mal schickt Simone Buchholz ihre Staatsanwältin mit dem ungewöhnlichen Namen Chastity Riley ins Rennen. Präzise im Hamburger Kiezmilieu verortet, ist Buchholz’ Roman alles andere als ein Regiokrimi: keine betulichen Morde vor kuschlig-skurriler Kulisse, sondern die Verschränkung von Wirtschaft, Politik und Verbrechen: Dro- genhandel auf internationalem Niveau, Korruption und Mafiaverstrickungen in der Hansestadt. (Kirsten Reimers, mord-und-buch.de)
Wer ist die Autorin?
Simone Buchholz, geboren 1972, schreibt als freie Autorin für verschiedene Magazine über die Beziehung zwischen Männern und Frauen. "Blaue Nacht" ist der sechste Chastity Riley-Roman. Simone Buchholz lebt in Hamburg.

3. Platz: Franz Dobler: Ein Schlag ins Gesicht (Tropen)
Worum geht es in dem Buch?
Robert Fallner ist ziemlich am Ende. Seinen Job als Kriminalhauptkommissar ist er endgültig los. Seine Frau wohl auch. Zeit für einen Neuanfang, den ihm ausgerechnet sein Bruder, selbst Ex-Bulle und Privatermittler, ermöglicht. Er drängt ihm einen speziellen Fall in seiner Sicherheitsfirma auf: Den Stalker einer bekannten Schauspielerin zu stellen, von dem keiner glaubt, dass es ihn gibt.
Warum wurde das Buch ausgezeichnet?
Dobler erzählt eher mosaikhaft, episodisch, vermischt Narratives mit inneren Monologen, mit Reflexionen und Anekdotischem, mit streng durchrhetorisierten Passagen, switcht durch verschiedene Sprachebenen, hat einen hohen Sinn fürs Komische, fürs Bizarre, fürs Poetische, das bei ihm auch in den abwegigsten Ecken aufscheinen kann. (Thomas Wörtche)
Wer ist der Preisträger?
Franz Dobler, geboren 1959, lebt in Augsburg. Neben Romanen und Gedichtbänden veröffentlichte er auch Erzählungen und Musikbücher. Er hat Kompilationen herausgegeben und ist Discjockey. Für sein Krimi-Debüt »Ein Bulle im Zug« erhielt er 2015 den Deutschen Krimi Preis.

International
1. Platz: Donald Ray Pollock: Die himmlische Tafel
(The Heavenly Table) Deutsch von Peter Torberg (Liebeskind)
Worum geht es in dem Buch?
Georgia, 1917. Der Farmer Pearl Jewett will sich durch seine Armut auf Erden einen Platz an der himmlischen Tafel verdienen – und seine drei Söhne darben mit ihm, ob sie wollen oder nicht. Nachdem Pearl von den Entbehrungen ausgezehrt stirbt, müssen sich die jungen Männer allein durchs Leben schlagen. Auf gestohlenen Pferden und schwer bewaffnet plündern sie sich ihren Weg durchs Land. (Verlag)
Warum wurde das Buch ausgezeichnet?
Pollocks »Himmlische Tafel« ist reich gedeckt. Das ist relevante Literatur: gespickt mit Wissen um menschliche Sehnsucht, voll bitterer Komik und getragen von einer skeptischen Moralität, die beim Fressen beginnt.« (Tobias Gohlis)
Wer ist der Preisträger?
Donald Ray Pollock, geboren 1954, wuchs im US-Bundesstaat Ohio auf. Mit siebzehn Jahren brach er die Highschool ab, nahm einen Job in einer Fleischfabrik an und arbeitete danach über dreißig Jahre in einer Papiermühle. Ende der Achtzigerjahre holte er in Abendkursen seinen Schulabschluss nach. 2008 erschien sein Debütroman »Knockemstiff«. Donald Ray Pollock lebt in Chillicothe.

2. Platz: Liza Cody: Miss Terry (Miss Terry)
Deutsch von Grundmann und  Laudan (Ariadne bei Argument)
Worum geht es in dem Buch?
Die englische Grundschullehrerin Nita Tehri sucht keinen Streit, ist freundlich zu Nachbarn und Kolleginnen, buchstabiert geduldig ihren Namen, wenn man sie Miss Terry nennt. Eines Morgens wird ihrem Haus gegenüber ein Container abgestellt, gedacht für den Bauschutt einer Sanierung. Und plötzlich beginnt eine Hetzkampagne, für die Nita nicht gewappnet ist.
Warum wurde das Buch ausgezeichnet?
Liza Cody lässt in der stillen, unauffälligen Straße an der Themse alle Hässlichkeit und jede Variante der Fremdenfeindlichkeit ausbrechen. Und es hilft nicht, dass Nita Tehri Lehrerin ist – es macht die Sache nur schlimmer, dass sie gebildeter, »privilegierter« ist als die meisten ihrer Peiniger.
(Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau)
Wer ist die Preisträgerin?
Liza Cody ist Britin. Sie studierte Kunst und arbeitete u.a. als Roadie, als Fotografin, Malerin und Möbeltischlerin, bevor sie zum Schreiben kam. Für »Lady Bag«erhielt sie den Deutschen Krimi Preis 2015. Liza Cody lebt in Bath und schreibt weitere Romane.

3. Platz: Garry Disher: Bitter Wash Road (Bitter Wash Road)
Deutsch von Peter Torberg  (Unionsverlag)
Worum geht es in dem Buch?
In der Nähe von Tiverton, einer Kleinstadt in Australiens Nirgendwo, wird ein Mädchen tot am Straßenrand gefunden. Constable Paul Hirschhausen, genannt Hirsch, übernimmt den Fall. Er glaubt nicht an einen Unfall mit Fahrerflucht. Einsam und isoliert durchquert der Constable die unwirtliche Landschaft, stellt unbeirrt seine Fragen und lernt eine Kleinstadt kennen, unter deren Oberfläche Enttäuschung und Wut, Rassismus und Sexismus brodeln.
Warum wurde das Buch ausgezeichnet?
»Bitter Wash Road« ist ein funkelndes Meisterwerk, es erzählt einfühlsam vom langsamen Bröckeln aller zivilisatorischen Errungenschaften und von jenem bisschen Mut, das einer aufbringen muss, um die Lawine aufzuhalten. Das Highlight des Krimi-Jahres.«
(Günther Grosser, Berliner Zeitung)
Wer ist der Preisträger?
Garry Disher, geboren 1949, wuchs im ländlichen Südaustralien auf. Seine Bücher wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter der wichtigste australische Krimipreis, der Ned Kelly Award und zweimal der Deutsche Krimi Preis. Garry Disher lebt an der Südküste von Australien in der Nähe von Melbourne.